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Aus der ZeitschriftSZS Online first/2024 | S. 1–1Es folgt Seite №1

Auslegung im Kontext tarifkonformer Leistungsfakturierung nach TARMED –

Am Beispiel der Notfall- und Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschalen

Zusammenfassung

Die Tarifauslegung bildet aufgrund abweichender Auffassungen aufseiten der Leistungserbringer und Krankenversicherer betreffend die korrekte Anwendung der Notfall- und Dringlichkeitspauschalen gemäss Tarifstruktur TARMED aktuell Gegenstand gerichtlicher Beurteilung. Die in diesem Zusammenhang bislang ergangene uneinheitliche Rechtsprechung auf kantonaler Ebene harrt derzeit noch höchstrichterlicher Klärung. Die entsprechende Auslegungskontroverse hat in der Praxis bereits zu einer nachhaltigen Rechts- und Finanzierungsunsicherheit im Bereich der ambulanten Notfallversorgung geführt, die infolge der versorgungsrelevanten Dimension auch im Rahmen des politischen Diskurses aufgegriffen wurde. Der vorliegende Beitrag widmet sich den Rahmenbedingungen der Tarifauslegung und beleuchtet die im Tarifkontext zur Anwendung gelangenden Auslegungsmechanismen und Auslegungsinstanzen sowie die spezifischen Parameter, anhand derer sich Auslegungskontroversen im Allgemeinen sowie die konträren Standpunkte in der aktuellen Auslegungsdebatte im Besonderen überwinden lassen.

Résumé

L’interprétation des tarifs fait actuellement l’objet d’une évaluation judiciaire en raison des avis divergents des fournisseurs de prestations et des assureurs-maladie concernant l’application correcte des forfaits d’urgence et de soins urgents selon la structure tarifaire TARMED. La jurisprudence divergente rendue jusqu’à présent dans ce contexte au niveau cantonal doit encore être clarifiée par l’instance suprême. La controverse d’interprétation correspondante a déjà conduit dans la pratique à une insécurité juridique et financière durable dans le domaine des soins d’urgence ambulatoires, qui a également été reprise dans le cadre du discours politique en raison de sa dimension importante pour l’approvisionnement. La présente contribution est consacrée aux conditions générales de l’interprétation tarifaire et met en lumière les mécanismes et les instances d’interprétation utilisés dans le contexte tarifaire ainsi que les paramètres spécifiques permettant de surmonter les controverses d’interprétation en général et les points de vue contradictoires dans le débat actuel sur l’interprétation en particulier.

Ausgangslage und Einordnung

Im Rahmen seiner umfassenden Auseinandersetzung mit den rechtlichen Grundlagen der Krankenversicherung gelangte Eugster zur treffenden Feststellung, «Tarifarchitektur und Tarifmechanik des TARMED1 sind (zu) komplex»2. Ausgehend von dieser Einschätzung vermag es kaum zu erstaunen, dass die tarifkonforme Fakturierung und Vergütung mit Blick auf die Komplexität der tarifarischen Grundlagen eine kontinuierliche Herausforderung der Leistungserbringenden und Krankenversicherer bildet und auch weitere in die gesetzeskonforme Fakturierungs- und Vergütungspraxis involvierte Akteure beschäftigt.

Die Komplexität der Leistungsfakturierung und -vergütung akzentuiert sich derzeit im Lichte der tarifkonformen Anwendung von Notfall- und Dringlichkeitspauschalen.3 In Bezug auf die Voraussetzungen, unter denen diese Tarifpositionen durch ambulante ärztliche Einrichtungen im Sinne von Art. 35 Abs. 2 lit. n KVG4 verrechnet werden dürfen, sind sich die Tarifpartner infolge divergierender Tarifinterpretationen uneins. Die Krankenversicherer monieren namentlich betreffend Einrichtungen, die im Rahmen der Notfallversorgung eine den Notfallaufnahmen der Spitäler vorgelagerte Stellung einnehmen, eine tarifwidrig systematische Fakturierung der Notfall- und Dringlichkeitspauschalen, wohingegen sich die Leistungserbringenden gerade auch in diesem Versorgungskontext auf die strikte Einhaltung der tarifarischen Notfall- und Dringlichkeitskriterien berufen.5 Die daraus resultierenden Friktionen in der Fakturierungs- und Vergütungspraxis haben zunehmend Anlass für eine gerichtliche Beurteilung durch die kantonalen Schiedsgerichte in Sozialversicherungsstreitigkeiten geboten, wobei die entsprechenden Gerichtsverfahren gemäss Medienberichterstattung nunmehr am Bundesgericht hängig sind.

Die gerichtliche Befassung hat bislang nicht zu einer Klärung der uneinheitlichen Tarifinterpretation auf gesamtschweizerischer Ebene beigetragen. Dies zeigen die jüngst in diesem Zusammenhang ergangenen und sich grundlegend widersprechenden Urteile aus den Kantonen Bern6 und Zürich7. Die Auslegungskontroverse hat in der Praxis zu einer nachhaltigen Rechts- und Finanzierungsunsicherheit im Bereich der ambulanten Notfallversorgung geführt, die infolge der versorgungsrelevanten Dimension nunmehr auch im Rahmen des politischen Diskurses aufgegriffen wurde.8

Im Lichte dieser kontroversen Ausgangslage widmen sich die nachfolgenden Ausführungen einer vertieften Auseinandersetzung mit den tarifstrukturellen Grundlagen und deren Auslegung im Rahmen der Tarifanwendung aus rechtlicher Perspektive. Im vorliegenden Kontext gilt es dabei weder eine Tarifstreitigkeit im Sinne von Art. 53 KVG zu beleuchten noch beschlägt die Thematik die Änderung einer Tarifstruktur. Vielmehr steht deren Anwendung im Ein-zelfall und damit die Frage, ob eine tarifkonforme Leistungsfakturierung bzw. -vergütung erfolgte, im Fokus.

Diese Fragestellung weist gemäss höchstrichterlicher Rechtsprechung den Charakter einer Tarifinterpretation auf.9 Mit Blick auf die widersprüchliche Rechtsprechung auf kantonaler Ebene werden im Folgenden die Parameter analysiert, an denen sich die entsprechende Tarifauslegung orientiert.

I. Rahmenbedingungen der Tarifanwendung und -auslegung

1. Rahmenbedingungen der Tarifierung im Allgemeinen

Das Tarifrecht nach Art. 43 ff. KVG regelt, wie die Leistungserbringer für die von ihnen erbrachten Pflichtleistungen entschädigt werden.10 Gemäss Art. 43 Abs. 1 i.V.m. Art. 44 Abs. 1 KVG sind die Leistungserbringer verpflichtet, in Bezug auf die Rechnungsstellung die jeweils anwendbaren vertraglichen oder behördlichen Tarife und Preise zu verwenden.11 Der Tarif ist eine Grundlage für die Berechnung der Vergütung und kann namentlich

Den gesetzlichen Grundlagen ist keine Definition des Begriffs «Tarif» zu entnehmen. Gemäss Lehre stellt der Tarif die Gesamtheit der abstrakten Regeln dar, die es erlauben, im Einzelfall den für eine bestimmte Leistung geschuldeten Betrag zu eruieren (sogenanntes Tarifwerk). Die so ermittelte, einzelfallweise Leistungsvergütung stellt sodann den Preis dar.12

In Bezug auf die Tariffestlegungsart sieht Art. 43 Abs. 4 KVG zum einen die tarifpartnerschaftliche Tarifvereinbarung in Tarif(struktur)verträgen gemäss Art. 43 Abs. 5 Satz 1, Art. 46, Art. 48, Art. 49 KVG sowie zum anderen die behördliche Tariffestsetzung bzw. -anpassung im Sinne von Art. 43 Abs. 5 Satz 2 und Abs. 5bis , Art. 47 und Art. 52 KVG vor. Im Rahmen der partnerschaftlichen Tarifvereinbarung gilt grundsätzlich das krankenversicherungsrechtliche Vertragsprinzip,13 d.h., den Tarifpartnern kommt im Lichte der entsprechenden Tarifautonomie in den Grenzen der gesetzlichen Tarifgestaltungsgrundsätze bei der Ausgestaltung der Tarife ein weiter Ermessensspielraum zu.14 Dieser bezieht sich im Allgemeinen namentlich auf die Wahl der Tarifart, die Tarifgestaltung, die Höhe der Entschädigung – d.h. den Preis –, die Honorarschuldnerschaft und die Durchführungsfragen.15 Der Tarifautonomie kommt neben der Schaffung der massgebenden Tarifstrukturen die zentrale Funktion der Bestimmung des angemessenen Honorars zu.16 Die Tarife müssen gemäss Lehre einem effizient arbeitenden und genügend ausgelasteten Leistungserbringer insgesamt eine ausreichende, angemessene Existenzgrundlage bieten,17 woraus Eugster eine relative Einkommensgarantie ableitet.18 Das KVG postuliert sodann gemäss Eugster auch insofern eine mittelbare Einkommensgarantie, als Tarife nicht so tief absinken dürfen, dass das Tarifziel einer qualitativ hochstehenden und zweckmässigen gesundheitlichen Versorgung oder der Zugang zu ihr gefährdet wird.19

Im Sinne allgemeiner Tarifgestaltungsgrundsätze ordnet Art. 43 Abs. 4 KVG an, dass bei Tarifverträgen auf eine betriebswirtschaftliche Bemessung und eine sachgerechte Struktur der Tarife zu achten ist.20 Art. 43 Abs. 6 KVG verlangt von den Tarifpartnern und den zuständigen Behörden, dass zudem eine qualitativ hochstehende und zweckmässige medizinische Versorgung zu möglichst günstigen Kosten erreicht wird.21 Primäres Ziel der Tarifgestaltung bildet die Sicherstellung einer qualitativ hochstehenden und zweckmässigen gesundheitlichen Versorgung, diese soll im Sinne der sekundären Zielsetzung zu möglichst günstigen Kosten erreicht werden.

2. Anwendbare Tarifsystematik – die Tarifstruktur TARMED

Im ambulanten Leistungskontext hat sich der TARMED als Einzelleistungstarif nach Art. 43 Abs. 2 lit. b KVG für sämtliche in der Schweiz erbrachten ambulanten ärztlichen Leistungen im Spital und in der freien Praxis etabliert.22 In diesem Zusammenhang gilt es, den TARMED, d.h. die gemäss Art. 43 Abs. 5 KVG gesamtschweizerisch einheitlich ausgestaltete Tarifstruktur und die der Tarifstruktur zugrunde liegende Vereinbarung nach Art. 43 Abs. 5 KVG – d.h. den «Tarifstrukturvertrag»23 vom Tarifvertrag im Sinne von Art. 43 Abs. 4 und Art. 46 KVG, in dem der Taxpunktwert vereinbart wird,24 abzugrenzen.

Die Tarifstruktur ist das abstrakte Grundgerüst, nach dem sich der Tarif im Einzelfall berechnet.25 Die Tarifstruktur TARMED bildet die ärztlichen Diagnosen und Therapien im Rahmen von einzelnen Tarifpositionen ab und umfasst heute rund 4600 Tarifpositionen (Nomenklatur; Auflistung der Leistungen), wobei die einzelnen Leistungen jeweils mit einem abstrakten Wert (Taxpunkt) bewertet werden. Die Tarifstruktur legt ausschliesslich den relativen Wert einer Tarifposition im Vergleich zu anderen Tarifpositionen fest. Dieser abstrakte Wert wird alsdann mit dem im Rahmen des Tarifvertrags vereinbarten konkreten Wert der Leistung – d.h. dem Taxpunktwert – multipliziert, woraus der effektive Preis der Leistung resultiert.26

Im Hinblick darauf, dass die Tarifstruktur gemäss Art. 43 Abs. 5 KVG gesamtschweizerisch einheitlich auszugestalten und zu vereinbaren ist, ist diese bzw. der entsprechende Tarifstrukturvertrag der Vertragsfreiheit der einzelnen Leistungserbringer entzogen.27 Demgegenüber werden die Taxpunktwerte im Wege dezentralisierter Tarifverträge im Sinne von Art. 46 KVG auf kantonaler oder regionaler Ebene zwischen Leistungserbringern und Versicherern ausgehandelt und vereinbart.28

Die Tarifstruktur, d.h. der TARMED, bildet namentlich Bestandteil des entsprechenden Tarifstrukturvertrags (Rahmenvertrag TARMED KVG) sowie der kantonalen Tarifverträge (Anschlussverträge zum Rahmenvertrag TARMED KVG).29 Gemäss Rechtsprechung und Lehre sind diese Vertragswerke als verwaltungsrechtliche Verträge einzuordnen.30 Die Tarifstruktur TARMED weise allerdings die Wesenszüge einer generell-abstrakten öffentlich-rechtli-chen Regelung sui generis auf.31 Infolgedessen können in Bezug auf die Tarifstruktur TARMED prinzipiell auch die allgemeinen Grundsätze der Auslegung von Rechtsnormen zumindest mutatis mutandis zur Anwendung gelangen.32

3. Auslegung der TARMED-Grundlagen

a) Auslegung öffentlich-rechtlicher Verträge im Allgemeinen

Im Rahmen der Auslegung verwaltungsrechtlicher Verträge ist wie bei einem privatrechtlichen Vertrag in erster Linie auf den übereinstimmenden wirklichen Willen der Parteien abzustellen (Art. 18 Abs. 1 OR33).34 Die subjektive Vertragsauslegung bezieht sich auf den Willen der Vertragsparteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Nachträgliches Parteiverhalten kann berücksichtigt werden, wenn es Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen der Parteien zulässt.35

Lässt sich ein übereinstimmender Parteiwille nicht feststellen, ist der Vertrag so auszulegen, wie er nach dem Vertrauensgrundsatz verstanden werden durfte und musste.36 Die objektive Vertragsauslegung ergibt sich nicht allein aus dem Wortlaut, sondern kann sich auch aus anderen Elementen ergeben wie aus dem verfolgten Ziel, der Interessenlage der Parteien oder aus den Gesamtumständen; von einem klaren Wortlaut ist jedoch bloss abzuweichen, wenn sich ernsthafte Anhaltspunkte dafür ergeben, dass dieser nicht dem Willen der Parteien entspricht.37

Im Zweifel und zur Füllung von Lücken in einem Vertrag sind die dispositiven Bestimmungen der einschlägigen Gesetze heranzuziehen, soweit sich nicht genügend klar aus dem Vertrag ergibt, dass davon abgewichen werden sollte.38

Öffentlich-rechtliche Verträge weisen alsdann die Besonderheit auf, dass die am Vertrag beteiligten Parteien an das öffentliche Interesse gebunden sind. Im Zweifelsfall ist davon auszugehen, dass die Parteien keinen Vertrag abschliessen wollten, der im Widerspruch zum öffentlichen Interesse steht,39 und der Vertrag gesetzeskonform auszulegen ist.40 Zudem wirkt das Gebot der verfassungskonformen Auslegung auf die Auslegung öffentlich-rechtlicher Verträge ein.41

Indessen wäre es verfehlt, in allen Fällen der dem öffentlichen Interesse besser dienenden Auslegung den Vorzug zu geben. Die Wahrung des öffentlichen Interesses findet ihre Schranke vielmehr gerade im Vertrauensprinzip, d.h., sie darf nicht dazu führen, dass dem Vertragspartner im Zuge der Vertragsauslegung Auflagen gemacht werden, die er beim Vertragsschluss vernünftigerweise nicht voraussehen konnte.42

b) Partikularitäten der Auslegung von Tarifvertragswerken im Besonderen

In Bezug auf die Auslegung von Tarifvertragswerken im krankenversicherungsrechtlichen Bereich ist auch das Folgende zu berücksichtigen: Der Inhalt der von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) zu vergütenden Leistungen bestimmt sich nach Gesetz und Verordnung und nicht nach einem Tarifvertrag.43 Tarifverträge dürfen nicht dem Gesetz widersprechen und sind im Zweifelsfalle gesetzeskonform auszulegen.44

Gemäss höchstrichterlicher Rechtsprechung können die Tarifpartner lediglich die Preise für die gesetzlich bestimmten Leistungen festlegen und diese präzisieren.45 Dahingegen kann ein Tarifvertrag nicht Leistungen, die gesetzlich vorgesehen sind, als nicht vergütungsfähig bezeichnen.46

Ferner setzt die konstitutive Wirkung des Genehmigungsentscheids nach Art. 46 Abs. 4 KVG einer Auslegung im tarifvertraglichen Bereich Grenzen: Im Umfang der behördlichen Genehmigung werden die Vertragsregelungen verbindlich fixiert, wodurch eine vom Wortlaut losgelöste Auslegung unter Berücksichtigung der Perspektive der jeweils zuständigen Genehmigungsbehörde zu erfolgen hat.

Die behördliche Perspektive gilt es schliesslich insbesondere in Bezug auf Tarifstrukturfestsetzungs- bzw. -anpassungsentscheide im Sinne von Art. 43 Abs. 5 Satz 2 und Abs. 5bis KVG zu berücksichtigen. Daraus folgt zugleich, dass im Nachgang zu einem behördlichen Festsetzungs- oder Anpassungsentscheid die Auslegung der zuständigen Behörde nicht ohne sachliche Begründung ausser Acht gelassen werden kann.

c) Spezifische Auslegungsmechanismen gemäss TARMED-Tarifsystematik

aa) Tarifstrukturelle Auslegungsmechanismen

Die Tarifstruktur TARMED enthält sogenannte «Generelle Interpretationen (GI)» für den gesamten Tarif, die den einzelnen Kapiteln zu den Tarifpositionen vorgelagert sind, und weist somit einen Katalog allgemeiner Auslegungsregeln auf.47

GI-51 enthält unter dem Titel «Systematisches Vorgehen bei der Regelanwendung» folgende Vorgaben:

Bei der Anwendung der Tarifstruktur TARMED sind bezüglich Regeln oder Interpretationen folgende Hierarchiestufen zu beachten:

  • 1. Hierarchiestufe: Soziale Krankenversicherung (GI-36: Verweis auf KVG, KVV und KLV);
  • 2. Hierarchiestufe: Regeln/Interpretationen auf Ebene Generelle Interpretationen (GI) zum Tarif;
  • 3. Hierarchiestufe: Regeln/Interpretationen auf Ebene Kapitel (z.B. 00);
  • 4. Hierarchiestufe: Regeln/Interpretationen auf Ebene Unterkapitel (z.B. 00.01.01);
  • Unterste Hierarchiestufe: Regeln/Interpretationen auf Ebene Tarifposition (z.B. 00.0010).

Der Vorrang der gesetzlichen Vorgaben und Begriffe gemäss KVG wird somit auch im Rahmen der tarifstrukturellen Auslegungsmechanismen hervorgehoben. Ferner sieht GI-51 vor, dass bei Regeln mit gleichem Betreffnis auf mehreren Ebenen die Regel der untersten der betroffenen Hierarchiestufen gilt.48 In Bezug auf die Terminologie der im Rahmen der vorliegend untersuchten Auslegungskontroverse umstrittenen Tarifpositionen lassen sich den GI indes keine in inhaltlicher Hinsicht klarstellenden Definitionen oder Auslegungsregeln entnehmen.

bb) Auslegungsmechanismen gemäss Rahmenvertrag TARMED KVG

Aufgrund der Regelung in Art. 16 Abs. 1 Rahmenvertrag TARMED KVG haben die Vertragspartner eine Paritätische Interpretationskommission (PIK) geschaffen. Die PIK hat gemäss Art. 16 Abs. 1 Rahmenvertrag TARMED KVG die alleinige und umfassende Zuständigkeit, die Tarifstruktur TARMED gesamtschweizerisch einheitlich und verbindlich zu interpretieren.49 Die Modalitäten werden gemäss Art. 16 Abs. 1 Satz 2 Rahmenvertrag TARMED KVG in einem Anhang normiert. Die entsprechende «Vereinbarung betreffend die Paritätische Interpretationskommission TARMED (PIK) vom 18. April 2007» (Vereinbarung PIK) bildet als Anhang 7 integralen Bestandteil des Rahmenvertrags TARMED KVG.

Gemäss Ziff. 2 Abs. 2 Vereinbarung PIK wird diese Instanz tätig, wenn die Anwendung der Tarifstruktur TARMED zu Missverständnissen Anlass gibt oder wenn sonst unklar ist, welche Bedeutung eine Interpretation hat. Als Interpretation gelten nach Ziff. 2 Abs. 1 Satz 2 Vereinbarung PIK die Auslegung einer in der Tarifstruktur TARMED enthaltenen Position, die Anwendungsregeln sowie allgemeine Bestimmungen und Erläuterungen. Ziff. 3 Abs. 2 Vereinba-rung PIK verdeutlicht, dass die Entscheide der PIK für alle Anwender der Tarifstruktur TARMED verbindlich sind und den Auffassungen und Veröffentlichungen einzelner Vertragsparteien vorgehen.

In personeller Hinsicht setzt sich die PIK aus Vertretern des Spitalverbandes H+, der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH), der Krankenversicherungsverbände santésuisse und curafutura sowie der Zentralstelle für Medizinaltarife (ZMT) zusammen.50 Nach der Auflösung von TARMED Suisse haben die Partnerorganisationen die PIK per 1. Januar 2019 auf eine neue vertragliche Basis gestellt,51 diese verweist allerdings in Bezug auf die PIK wiederum integral auf die vorbestehende Vereinbarung PIK.

Das Entscheidverfahren wird in Ziff. 6 Vereinbarung PIK geregelt, wonach

  • alle Anwender der Tarifstruktur TARMED bei Unklarheiten Anfragen an die PIK richten können (Ziff. 6 Abs. 1);
  • Anfragen der PIK mittels eines speziellen Formulars einzureichen sind (Ziff. 6 Abs. 2); und
  • Entscheide der PIK einstimmig zu erfolgen haben (Ziff. 6 Abs. 4).

Gemäss Ziff. 8 Vereinbarung PIK kann gegen Entscheide der PIK innerhalb von 30 Tagen schriftlich Einsprache bei der jeweils zuständigen Paritätischen Vertrauenskommission (PVK) erhoben werden.52

PIK-Entscheide werden nach Ziff. 5 Vereinbarung PIK53 veröffentlicht. In Bezug auf die vorliegend interessierenden Tarifpositionen lassen sich der PIK-Entscheidsammlung, wie sie durch die FMH auf ihrer Homepage publiziert wird, keine einschlägigen Auslegungsentscheide entnehmen.54

Allerdings wurden PIK-Entscheide ehemals auch in der Schweizerischen Ärztezeitung (SaeZ) publiziert, wobei sich anhand einer Archivsuche eine Reihe relevanter Auslegungsentscheide ermitteln lässt. Ein PIK-Entscheid aus dem Jahr 200355 äussert sich explizit zum Aspekt der Fakturierung von Notfall-Inkonvenienzpauschalen durch sogenannte Permanencen und Medical Center. Auf diesen PIK-Entscheid ist nachfolgend im Rahmen der Auslegung der entsprechenden Tarifposition näher einzugehen.56

4. Zwischenfazit: Folgerungen in Bezug auf die zur Anwendung gelangenden Auslegungsgrundsätze und die Zuständigkeitsregelung betreffend Tarifinterpretationen

In Bezug auf die Auslegung der Tarifstruktur TARMED gelangen unterschiedliche Auslegungsmechanismen zur Anwendung. Auf einer spezifisch tarifarischen Auslegungsebene haben die Tarifpartner die folgenden Mechanismen vorgesehen: Die Tarifstruktur TARMED enthält auf einer ersten Stufe selbst spezifische Auslegungsregeln, und auf einer nächsten Stufe legt der Rahmenvertrag TARMED KVG fest, wie die Tarifstruktur TARMED im Falle von Unklarheiten zu interpretieren ist.

Im Rahmen der Tarifauslegung gelangen sodann auch die zuvor dargelegten Auslegungsgrundsätze betreffend öffentlich-rechtliche Verträge im Allgemeinen sowie die tarifvertragsspezifischen Auslegungselemente – d.h. gesetzeskonforme Auslegung und Berücksichtigung der Perspektive der zuständigen Genehmigungs- oder Festsetzungs- bzw. Anpassungsbehörde – zur Anwendung. Mit Blick auf die Einordnung der Tarifstruktur TARMED als generell-abstrakte Regelung sui generis sind sodann die allgemeinen Grundsätze der Normauslegung zumindest mutatis mutandis zu berücksichtigen. In diesem Kontext nimmt die gesetzeskonforme Auslegung der Tarifstruktur TARMED namentlich im Lichte der eingangs skizzierten Tarifgestaltungsgrundsätze57 gemäss KVG eine besondere Stellung ein.

Aufgrund der tarifstrukturvertraglichen Regelung kommt der PIK die alleinige und umfassende Zuständigkeit zu, die Tarifstruktur TARMED gesamtschweizerisch einheitlich und verbindlich zu interpretieren.58 Diese Zuständigkeitsregelung fusst auf dem gemeinsamen Willen der Tarifpartner und verdichtet sich infolge der behördlichen Genehmigung der tarifstrukturvertraglichen Grundlagen über die Tarifautonomie59 hinaus zu einer (quasi-)staatlichen Entscheidinstanz sui generis.60

Vor diesem Hintergrund ist auf das Verhältnis der Entscheidfindung der PIK und jener der kantonalen Schiedsgerichte gemäss Art. 89 KVG einzugehen. Die sachliche Zuständigkeit der kantonalen Schiedsgerichte im Sinne von Art. 89 Abs. 1 KVG erstreckt sich auf Streitigkeiten zwischen den Krankenversicherern und den Leistungserbringern und beschlägt u.a. die Tarifanwendung und gegebenenfalls infolge tarifwidriger Fakturierung bestehende Rückforderungsansprüche.61

Eine Reihe unpublizierter Urteile des Bundesgerichts lässt den Schluss zu, dass die Tarifinterpretationen der PIK auch für das Schiedsgericht verbindlich sind.62 Infolgedessen sind bereits ergangene PIK-Entscheide im Rahmen der Beurteilung einer Streitigkeit durch ein Schiedsgericht gemäss Art. 89 KVG für dieses verbindlich. Sofern ein hängiges Schiedsgerichtsverfahren die Auslegung einer Tarifposition gemäss TARMED beschlägt, zu der sich die PIK noch nicht geäussert hat, ist das Verfahren folglich zwecks Einreichung eines Antrags zuhanden der PIK zu sistieren. Anhand dieser Zuständigkeitsabgrenzung kann auch eine gesamtschweizerisch einheitliche Tarifauslegung gewährleistet werden.

II. Notfall- und Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschalen gemäss Tarifstruktur TARMED als Auslegungskontroverse

1. Ausgangspunkt

Das Berner Schiedsgericht gelangte im Urteil vom 8. September 2023 im Wesentlichen zur Auffassung, dass Einrichtungen gemäss Art. 35 Abs. 2 lit. n KVG (ambulante ärztliche Institutionen) in tarifarischer Hinsicht als sogenannte «Institute» gemäss Tarifstruktur TARMED einzuordnen seien, infolgedessen die Notfall-Inkonvenienzpauschalen A und B (Tarifpositionen 00.2510 / 00.2520) sowie der prozentuale Zuschlag zur Notfall-Inkonvenienzpauschale B (Tarifposition 00.2530) nicht von Ärztinnen und Ärzten, die «fix» von Leistungserbringern im Sinne von Art. 35 Abs. 2 lit. n KVG besoldet werden, abgerechnet werden könnten.63

In Bezug auf die Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale F (Tarifposition 00.2505) erwog das Berner Schiedsgericht in den Urteilen vom 6. September 2023 und vom 8. September 2023, dass diese Tarifposition von Einrichtungen im Sinne von Art. 35 Abs. 2 lit. n KVG, die infolge ihres Geschäftsmodells über standardmässig erweiterte Öffnungszeiten – d.h. von 7.00 bis 22.00 Uhr während 365 Tagen im Jahr – verfügen, lediglich ausserhalb dieser «Standard-Öffnungszeiten» abgerechnet werden dürfe. Diese Auslegung der tarifarischen Grundlagen wurde damit begründet, dass die erweiterten «Standard-Öffnungszeiten» in dieser Konstellation mangels adressatengerechter Präzisierung pauschal mit dem tarifarischen Ausschlusskriterium der «regulären Sprechstundenzeiten» gleichgesetzt werden können, was nach Ansicht des Berner Schiedsgerichts per se zu einem allgemeinen Fakturierungsausschluss führen müsse.64

In einem analogen Fakturierungskontext65 gelangte das Zürcher Schiedsgericht im Urteil vom 4. Dezember 2023 in Bezug auf die Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale F (Tarifposition 00.2505) betreffend den Aspekt der Gleichsetzung von Öffnungs- und Sprechstundenzeiten indes zu einer gegenteiligen Auffassung: Angesichts der Beteiligung am gesetzlich vorgeschriebenen Notfalldienst sei nicht von freiwillig gewählten, regulären Sprechstundenzeiten auszugehen.66 Gegen das Vorliegen regulärer Sprechstundenzeiten im Sinne des entsprechenden tarifarischen Ausschlusskriteriums spreche sodann ganz allgemein auch die Ausgestaltung des Konsultationsprozederes.67 Infolgedessen dürfe die Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale F für Konsultationen, die in den Zeitfenstern von Montag bis Freitag von 19.00 Uhr bis 22.00 Uhr, am Samstag und Sonntag sowie an Feiertagen stattfinden, auch angesichts der standardmässig erweiterten Öffnungszeiten von 7.00 Uhr bis 22.00 Uhr an 365 Tagen im Jahr abgerechnet werden, sofern die tarifarischen Dringlichkeitskriterien erfüllt seien.68 Darüber hinaus statuiere die Tarifstruktur TARMED keine zusätzlichen Voraussetzungen, namentlich sei der Nachweis einer Inkonvenienz nicht erforderlich.69 Dieses Auslegungsergebnis stehe letztlich auch in Einklang mit Sinn und Zweck dieser Tarifposition, d.h. der Entlastung der spitalambulanten Notfallversorgung durch vorgelagerte Leistungserbringer.70

Diese sich widersprechenden kantonalen Schiedsgerichtsurteile harren derzeit noch höchstrichterlicher Klärung. Infolge der bis zu einem klärenden Votum des Bundesgerichts bestehenden Rechtsunsicherheit im Bereich der ambulanten, spitalvorgelagerten Notfallversorgung wurde die Auslegungskontroverse namentlich mit Blick auf deren versorgungsrelevante Dimension sodann auch im Rahmen einer ständerätlichen Interpellation aufgegriffen.71 Am 21. Februar 2024 nahm der Bundesrat im Wesentlichen wie folgt dazu Stellung:72

  • Die Dringlichkeits- und Notfall-Inkonvenienzpauschalen dienen dazu, den organisatorischen Mehraufwand bei Notfällen bzw. medizinisch notwendiger dringlicher Behandlung abzugelten.
  • Der umstrittene Begriff des «Instituts» sei von den Tarifpartnern im Rahmen der Einführung der Tarifstruktur TARMED erstmals verwendet worden und adressiere aus Sicht des Bundesrates nicht grundsätzlich Einrichtungen im Sinne von Art. 35 Abs. 2 lit. n KVG, sondern vielmehr Betriebe im spitalnahen Umfeld bzw. von Spitälern betriebene Institute.
  • Für Interpretationsfragen seien die Tarifpartner zuständig, und sie könnten diese in einem Entscheid der PIK festhalten.
  • Notfälle und dringliche Behandlungen seien somit unter den Voraussetzungen im TARMED auch während der Randzeiten abgegolten. Die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung und damit auch die Organisation des Notfalldienstes sei letztlich Aufgabe der Kantone.

2. Voraussetzungen der Verrechnung der Notfall- und Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschalen gemäss Tarifstruktur TARMED

a) Allgemeine Voraussetzungen auf der tarifstrukturellen Ebene Unterkapitel «00.08 Dringlichkeitszuschläge und Notfallzuschläge»

Ausgehend von den zuvor dargelegten Auslegungsmechanismen sind für die Tarifauslegung im Hinblick auf die vorliegend in Frage stehenden Tarifpositionen mangels einschlägiger Ausführungen auf höheren Hierarchieebenen – wie etwa der GI – zu-nächst die Regelungen auf der Ebene Unterkapitel «00.08 Dringlichkeitszuschläge und Notfallzuschläge» zu berücksichtigen. In der Tarifstruktur TARMED Version 01.08.01_BR73 lassen sich der entsprechenden Regelungsebene die folgenden Interpretationsvorgaben entnehmen:

«Verrechnung von Notfall Inkonvenienzpauschale und Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale durch ambulante Institutionen (z.B. Permanencen, Medical Centers etc.)

Sowohl in Arztpraxen wie auch in ambulanten Institutionen (z.B. Permanencen, Medical Centers etc.) gelten die tarifarischen Notfallkriterien bzw. Dringlichkeitskriterien gemäss TARMED. Die Behandlung von nicht angemeldeten Patienten gilt nicht generell als Notfall bzw. als dringlich und rechtfertigt somit nicht in jedem Fall die Abrechnung von Leistungen gemäss Kapitel 00.08. Für die Abrechnung von Leistungen aus dem Kapitel 00.08 gelten die Kriterien gemäss Interpretation.»

Gemäss Wortlaut der übergeordneten Kapitelebene sieht die Tarifstruktur TARMED die Verrechnung der entsprechenden Notfall- und Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschalen durch ambulante Institutionen – insbesondere Permanencen und Medical Centers – ausdrücklich vor, sofern und soweit sich diese im Rahmen der Fakturierung an die tarifarischen Notfall- bzw. Dringlichkeitskriterien halten. Daraus erhellt, dass ein genereller Ausschluss dieser Einrichtungen von der Fakturierung der entsprechenden Tarifpositionen aus tarifstrukturellen Erwägungen nicht statthaft wäre.

Diese Folgerung steht sodann in Einklang mit einem älteren PIK-Entscheid zur Notfall-Inkonvenienzpauschale, der den Ausgangspunkt für die Einführung der entsprechenden Interpretation auf der Unterkapitel-Ebene «00.08 Dringlichkeitszuschläge und Notfallzuschläge» bildete.

Die der PIK am 16. September 2003 vorgelegte Problemstellung gestaltete sich dabei wie folgt aus:74

«Permanencen oder Medical Center verrechnen fast immer die Position 00.2510. Dies stützt sich auf die Argumentation, dass es sich immer um einen Notfall handelt. Diese Notfallkriterien decken sich aber nicht immer mit den Notfallkriterien des TARMED. Die Medizinische Interpretation von 00.2510 klärt die tarifarischen Notfallkriterien wie folgt:

  • Der Facharzt kümmert sich sofort, verzugslos um den Patienten bzw. sucht ihn auf. Es wird ein direkter Arzt-Patienten-Kontakt vorausgesetzt.

    Diese Interpretation widerspricht der Ansicht, dass es sich bei den Patienten von Permanencen nur um Notfälle handelt.»

Ausgehend von der unterbreiteten Problemstellung fasste die PIK folgenden Beschluss:

«Auch in den Permanencen gilt die Interpretation eines Notfalls gemäss TARMED. Die Nichtanmeldung gilt nicht generell als Notfall, das unangemeldete Aufsuchen rechtfertigt nicht generell eine Abrechnung nach Notfalltaxe. Dies bleibt den speziellen Fällen des Notfalls vorbehalten. Die Tarifposition 00.2510 kann nur in nachgewiesenen, speziellen Fällen abgerechnet werden.»

Anhand dieser PIK-Entscheidung lässt sich mit Blick auf das Einstimmigkeitserfordernis veranschaulichen, dass es gerade nicht die Intention der Tarifpartner war, Permanencen und Medical Centers von der Fakturierung der Notfall-Inkonvenienzpauschale per se auszuschliessen oder eine solche pauschal zu erlauben. Vielmehr wurde präzisierend klargestellt, dass nicht jede Konsultation im Rahmen von standardmässig erweiterten Öffnungszeiten generell als Notfall gilt. Die Fakturierungs- und Vergütungsfähigkeit beurteilt sich folglich auch in diesen Organisationsformen in jedem Einzelfall losgelöst von einer isolierten Anknüpfung an den Zeitpunkt der Konsultation sowie unabhängig von der allgemeinen Ausgestaltung der Öffnungszeiten stets nach Massgabe der tarifarischen Notfallkriterien gemäss Medizinischer Interpretation.

Mit Blick auf die historische Versorgungsstruktur ist davon auszugehen, dass das tarifpartnerschaftliche Verständnis betreffend die in den einzelnen Tarifpositionen hinterlegten Zeitfenster75 im Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifstrukturvertrages von der Grundannahme geprägt war, dass Patientinnen und Patienten, die einen Arzt oder eine Ärztin nach 19.00 Uhr bzw. am Wochenende aufsuchen, dies stets aus einem – zumindest aus subjektiver Perspektive – notfallmässigen oder dringlichen Anlass tun.76 Aus dieser historischen Grundannahme der Tarifpartner lässt sich gleichsam eine implizite tarifarische Notfall- bzw. Dringlichkeitsvermutung betreffend Konsultationen in den entsprechenden Zeitfenstern ableiten.

Die Klarstellung der PIK ist infolgedessen im Lichte der neuen Versorgungsangebote77 dahingehend zu lesen, dass eine implizite tarifarische Notfall- bzw. Dringlichkeitsvermutung nicht (mehr) unbesehen zur Anwendung gelangen kann. Ausgehend von dieser PIK-Entscheidung steht somit die Einhaltung der tarifarischen Notfallkriterien gemäss Medizinischer Interpretation im Fokus; diese bilden für die Beur-teilung der Abrechenbarkeit im Einzelfall folglich das zentrale Anknüpfungsmerkmal.

b) Voraussetzungen auf der tarifstrukturellen Ebene «Tarifposition» der Notfall-Inkonvenienzpauschalen

aa) Allgemeine Anforderungen gemäss Tarifposition 00.2510 Notfall-Inkonvenienzpauschale A

Im Folgenden wird exemplarisch auf die entsprechenden Voraussetzungen betreffend die Tarifposition «00.2510 Notfall-Inkonvenienzpauschale A, Mo-Fr 7–19, Sa 7–12» eingegangen. Diese statuiert in der Tarifstruktur TARMED Version 01.08.01_BR78 auf der untersten tarifstrukturellen Hierarchiestufe – d.h. der Ebene der Tarifposition – für den vorliegend massgeblichen Bereich im Rahmen der Medizinischen Interpretation die nachstehenden Anforderungen:

  • «Notfallkriterien (tarifarisch):
  • Medizinisch notwendig und/oder vom Patienten, Angehörigen oder Dritten als offensichtlich notwendig erachtet.
  • Der Facharzt befasst sich sofort, verzugslos mit dem Patienten bzw. sucht ihn auf.
  • Es wird ein direkter und unmittelbarer Arzt-Patienten-Kontakt vorausgesetzt. Ausnahme: Vergebliche Fahrt zum Unfallort/Ereignisort.
  • Besuche: zuhause, Altersheim, Unfallort, Ereignisort usw.
  • Für die Entschädigung massgebend ist der Zeitpunkt des ersten, direkten und unmittelbaren Arzt-Patienten-Kontakts (Ausnahme: Bei Notfallbesuch gilt die Startzeit).
  • Darf nur von nicht vom Spital oder Institut fix besoldeten Fachärzten abgerechnet werden.
  • Bei Einsätzen im Spital oder Institut gilt: Der Facharzt begibt sich für den ungeplanten, notfallmässigen Einsatz von ausserhalb ins Spital oder Institut. Hiermit abgegolten ist auch die Wegentschädigung. Fachärzte, welche vom Spital oder Institut ganz oder teilweise fix besoldet sind, haben kein Anrecht auf Verrechnung dieser Tarifposition.»
bb) Notfallbegriff im engeren Sinne

Aus den tarifarischen Notfallkriterien lässt sich zunächst ableiten, dass die Tarifstruktur TARMED auch auf der Ebene der Tarifposition keine allgemeine Definition des Notfallbegriffs postuliert. Dieser lässt sich anhand der Ausführungen im direkt übergeordneten Unterkapitel «00.08 Dringlichkeitszuschläge und Notfallzuschläge» vielmehr bloss dahingehend negativ abgrenzen, dass die Behandlung von nicht angemeldeten Patienten nicht generell als Notfall gilt.

In Ermangelung einer entsprechenden Präzisierung auf den unteren Hierarchieebenen sind die tarifarischen Notfallkriterien mit Blick auf die GI und insbesondere GI-51 zu den Hierarchiestufen vorab im Lichte der obersten Stufe und damit nach dem Willen der Vertragsparteien nach dem KVG auszulegen. Allerdings ist weder dem KVG noch dem zugehörigen Verordnungsrecht eine ausdrückliche Definition des Notfallbegriffs zu entnehmen. Die Rechtsprechung hat sich zum Notfallbegriff namentlich im Kontext von Art. 41 und Art. 34 Abs. 2 KVG geäussert.

  • Urteil des Bundesgerichts 9C_408/2009 vom 3. September 2009, E. 8:

    «Wie die Vorinstanz an sich zutreffend darlegt, sagen Gesetz und Verordnung nicht, was unter einem Notfall im Sinne von Art. 41 Abs. 2 zweiter Satz KVG zu verstehen ist. Nach der Rechtsprechung (Urteil K 81/05 vom 13. April 2006, E. 5 mit Hinweisen) ist dieser Tatbestand im stationären Fall gegeben, wenn medizinische Hilfe unaufschiebbar und für die notwendige Spitalbehandlung eine Rückkehr in den Wohnkanton nicht möglich oder nicht angemessen ist (RKUV 2002 Nr. KV 231 S. 475 [K 128/01]; Eugster, a.a.O., S. 724 Rz. 964).»

  • BGE 141 V 612, E. 4.2:

    «Ein Notfall liegt vor, wenn die versicherte Person bei einem vorübergehenden Auslandaufenthalt einer medizinischen Behandlung bedarf und eine Rückreise in die Schweiz nicht angemessen ist.»

Gemäss BGE 146 V 152 ist ein Notfall im Sinne des KVG im Allgemeinen dadurch gekennzeichnet, dass die Behandlung aus medizinischen Gründen unaufschiebbar ist,79 und der Notfall in der Regel durch eine plötzlich auftretende, nicht vorhersehbare Behandlungsbedürftigkeit ausgelöst wird.80 Die Umschreibung des Notfallbegriffs differenziert nicht danach, worauf die notfallmässig behandlungsbedürftige Gesundheitsbeeinträchtigung zurückzuführen ist.

Auch wird von der Rechtsprechung hinsichtlich der Art und Weise der gesundheitlichen Beeinträchtigung und der Behandlung – analog den Vorgaben gemäss Tarifstruktur TARMED Version 01.08.01_BR – weder ein bestimmter Schweregrad81 noch eine spezifische Massnahme82 vorausgesetzt. Dies widerspiegelt sich in der Ausgestaltung der tarifarischen Notfallkriterien, zumal sich der Notfall nicht nur nach Massgabe objektiver Parameter bestimmt, sondern auch gegeben ist, wenn eine Behandlung von den Patienten, Angehörigen oder Dritten subjektiv als offensichtlich notwendig erachtet wird.

cc) Voraussetzungen für die Fakturierung der Tarifposition 00.2510 gemäss den tarifarischen Notfallkriterien

In Bezug auf die Tarifposition 00.2510 resultieren aus den spezifisch tarifarischen Notfallkriterien,83 die ausgehend vom zuvor dargelegten Verständnis des Notfallbegriffs zu lesen sind, die folgenden Anwendungsvoraussetzungen.

i) Persönlicher Anwendungsbereich der Tarifposition 00.2510

Der persönliche Anwendungsbereich wird dahingehend eingegrenzt, dass die Tarifposition «nur von nicht vom Spital oder Institut fix besoldeten Fachärzten abgerechnet werden» darf. In der Praxis wird aufgrund dieses tarifarischen Fakturierungsausschlusses die Auffassung vertreten, dass Einrichtungen im Sinne von Art. 35 Abs. 2 lit. n KVG nicht dem persönlichen Anwendungsbereich der Tarifposition 00.2510 unterstehen und folglich per se von der Anwendung dieser Tarifposition ausgeschlossen sind.84 Diese Einordnung gründet auf dem Standpunkt, dass sich der tarifarische Terminus «Institut» auf die zulassungsrechtliche Kategorie der «Einrichtung» beziehe und wird im Wesentlichen damit begründet, dass die Terminologie der Tarifstruktur TARMED mit Blick auf die französische Version «institut» sowie die italienische Fassung «istituti» die der gesetzlichen Zulassungsregelung von Art. 35 Abs. 2 lit. n KVG zugrunde liegende Begrifflichkeit übernehme.85 Es stellt sich die Frage, ob ein pauschaler Fakturierungsausschluss in Bezug auf eine gesamte Leistungserbringerkategorie basierend auf einer partiell-grammatikalischen Auslegung86 im Einklang mit Sinn und Zweck des tarifarischen Regelungsgefüges steht. Im Hinblick darauf, dass die Zulassungskategorie der Einrichtungen gemäss Art. 35 Abs. 2 lit. n KVG primär an die rechtliche Organisationsform des Leistungserbringers als juristische Person anknüpft und ein diverses Versorgungsspektrum beschlägt,87 erscheint ein entsprechender Globalausschluss, der einzig an die heterogen ausgestaltete Zulassungskategorie anknüpft, bereits losgelöst von einer Berücksichtigung der weiteren Auslegungselemente im Rahmen einer umfassenderen Betrachtungsweise als nicht sachgerecht. Obschon sich auch in der Literatur Stellungnahmen finden, wonach gewisse Einrichtungen im Sinne von Art. 36a KVG88 bzw. Art. 35 Abs. 2 lit. n KVG einem Spital nahestehen und insofern unter Umständen für Spitalambulatorien massgebliche Gesichtspunkte betreffend diese Einrichtungen gleichermassen zum Zug kommen könnten,89 ist infolge der klaren Regelung auf der hierarchisch übergeordneten Ebene des Unterkapitels «00.08 Dringlichkeitszuschläge und Notfallzuschläge», wonach die Verrechnung dieser Tarifposition «durch ambulante Institutionen (z.B. Permanencen, Medical Centers etc.)» ausdrücklich vorgesehen wird, davon auszugehen, dass diese zur Fakturierung der Tarifposition zugelassen sind. Dies steht denn auch im Einklang mit dem zuvor dargelegten PIK-Entscheid90 und dem ausdrücklichen Votum der zuständigen Genehmigungs- bzw. Festsetzungs- und Anpassungsbehörde.91

Diese Folgerung überzeugt sodann auch unter Berücksichtigung der zweiten bundesrätlichen Tarifanpassung: Im Rahmen der Vernehmlassungsvorlage war ursprünglich noch angedacht, dass eine Ein-schränkung des persönlichen Anwendungsbereichs mittels ausdrücklicher Präzisierung des diesbezüglich massgeblichen tarifarischen Notfallkriteriums durch Einfügung des folgenden Passus erfolgen sollte:

«Darf nur von nicht vom Spital oder von Einrichtungen nach Artikel 36a KVG (Einrichtungen, die der ambulanten Krankenpflege durch Ärzte und Ärztinnen dienen), die ihr Angebot explizit auf Notfälle ausgerichtet haben, fix besoldeten Fachärzten abgerechnet werden»92

Diese Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs wurde bewusst aufgegeben.93 Gerade aus dem Vergleich mit dieser – nicht übernommenen – Formulierung erhellt indes zugleich, dass sich eine Zuordnung der Einrichtungen nach Art. 36a KVG bzw. Art. 35 Abs. 2 lit. n KVG zu den Instituten gemäss der Wendung «darf nur von nicht vom Spital oder Institut fix besoldeten Fachärzten abgerechnet werden» von vornherein verbietet. Die entsprechende Präzisierung der tarifarischen Notfallkriterien in personeller Hinsicht wurde namentlich im Hinblick darauf, dass eine klare Unterscheidung der diversen Angebote kaum machbar sei und die Notfallpauschalen in einigen Kantonen zur Finanzierung der ambulanten Notfallversorgung beitragen würden, bewusst fallen gelassen.94

Vor diesem Hintergrund erhellt sodann, dass sich auch aus der Anpassung auf der übergeordneten Kapitelebene (00.08) keine Eingrenzung des persönlichen Anwendungsbereichs der Notfall-Inkonvenienzpauschalen ableiten lässt, zumal in der Tarifstruktur TARMED Version 01.09 einzig der ausdrückliche Verweis auf die einzelnen Ausprägungen der davon erfassten ambulanten Institutionen gestrichen wurde.95 Diese Anpassung weist vielmehr redaktionellen Charakter auf und beinhaltet keine Reflexwirkung auf den persönlichen Anwendungsbereich.

Dieses Auslegungsergebnis betreffend den persönlichen Anwendungsbereich lässt sich auch anhand einer Gegenüberstellung der Notfall-Inkonvenienzpauschalen mit der Tarifposition «35.0610 Eintrittspauschale in die anerkannte Notfallaufnahme» begründen und überzeugt insoweit aus einer systematischen Betrachtungsweise. Eine inhaltliche Abgrenzung der jeweiligen persönlichen Anwendungsbereiche lässt sich bereits mit Blick auf die Zuordnung der Tarifposition 35.0610 zu der Leistungsgruppe «LG-60 Leistungen nur für Spitäler resp. Spitalärzte» vornehmen.

Demgegenüber werden die Notfall-Inkonvenienzpauschalen integral der Leistungsgruppe «LG-59 Leistungen nur für Praxisärzte» zugewiesen. Das tarifarische Notfallkriterium «darf nur von nicht vom Spital oder Institut fix besoldeten Fachärzten abgerechnet werden» sollte folglich primär im Sinne einer Verdeutlichung der entsprechenden Zuordnung zu den unterschiedlichen Leistungsgruppen der Tarifstruktur TARMED und der diesbezüglich bezweckten Abgrenzung der Anwendungsbereiche zur Vermeidung von Doppelfakturierungen durch Spitäler gelesen werden.

Dies lässt sich auch anhand der Klarstellung im Rahmen der GI-47 zu den tarifstrukturellen Leistungsgruppen veranschaulichen:

«LG-59, Leistungen nur für Praxisärzte: Gilt nur für folgende Rolle: Arzt frei praktizierend

LG-60, Leistungen nur für Spitäler resp. Spitalärzte: Gilt nur für folgende Rolle(n): Facharzt fix besoldet vom Spital oder Institut; Röntgeninstitut; Spital/Klinik»

Der Passus des tarifarischen Notfallkriteriums «darf nur von nicht vom Spital oder Institut fix besoldeten Fachärzten abgerechnet werden» ermöglicht insoweit bei ausserplanmässigem Ressourcenbedarf zugunsten der Spitäler eine Ausnahme vom Grundsatz, dass diese die Notfall-Inkonvenienzpauschalen nicht fakturieren dürfen,96 da ihre allgemeinen Vorhalteleistungen namentlich über die Tarifposition «35.0610 Eintrittspauschale in die anerkannte Notfallaufnahme» abgedeckt werden.

Der LG-60 sind im Notfallkontext namentlich die Tarifpositionen «35.0610 Eintrittspauschale in die anerkannte Notfallaufnahme» und «35.051 Nichtärztliche Betreuung ambulanter Patienten ausserhalb der Tagesklinik, ambulanter Patient, erste 60 Min.» zugeordnet. Sofern im Rahmen der Auslegung des tarifarischen Begriffs «Institut» eine Zuordnung von spezifischen Organisationsformen ambulanter Einrichtungen im Sinne von Art. 35 Abs. 2 lit. n KVG (Permanencen und Medical Centers) erfolgen würde, wären diese gleichsam auch von dem Anwendungsbereich der LG-60 erfasst und müssten konsequenterweise auch zur Fakturierung der entsprechenden Tarifpositionen zugelassen werden. Andernfalls hätte eine entsprechende Zuordnung zum Institutsbegriff ein tarifarisches Vakuum betreffend deren (Vorhalte-)Leistungen im Kontext der spitalvorgelagerten Notfallversorgung zur Folge. Aufgrund des gesetzlichen Tarifziels der Gewährleistung einer qualitativ hochstehenden und zweckmässigen gesundheitlichen Versorgung,97 würde dies einer indirekten, allerdings gesetzeswidrigen,98 Einschränkung des vergütungsfähigen Pflichtleistungsspektrums gleichkommen. Ferner stünde ein kategorischer Fakturierungsausschluss auch in Widerspruch zu den Erwägungen der Genehmigungs- bzw. Festsetzungs- und Anpassungsbehörde, gemäss der die Inkonvenienzpauschalen namentlich der Entlastung der spitalambulanten Notfallversorgung durch vorgelagerte Leistungserbringer dienen.99

ii) Sachlicher Anwendungsbereich der Tarifposition 00.2510

Zunächst ist in sachlicher Hinsicht erforderlich, dass eine unaufschiebbare Untersuchung oder Behandlung100 medizinisch notwendig und/oder vom Patienten, Angehörigen oder Dritten als offensichtlich notwendig erachtet wird. Diesbezüglich vermögen mithin sowohl eine Einschätzung nach medizinischen Gesichtspunkten (objektive Einschätzung) als auch das Empfinden medizinischer Laien (subjektive Einschätzung) den sachlichen Anwendungsbereich zu eröffnen. Ein bestimmter Schweregrad der gesundheitlichen Beeinträchtigung – wie etwa eine Störung der vitalen Funktionen – wird in der Tarifstruktur TARMED Version 01.08.01_BR nicht vorausgesetzt.

Die Einführung eines spezifischen Schweregrads der gesundheitlichen Beeinträchtigung im Sinne eines medizinisch begründeten Notfallkriteriums erfolgte erst im Rahmen der Tarifstruktur TARMED Version 01.09, und dies lediglich in Bezug auf die Konstellation des «direkten Arzt-Patientenkontakts»101 gemäss Tarifposition 00.2510.102 In Konstellationen «ohne direkten Arzt-Patientenkontakt» gilt auch im Rahmen der Tarifposition 00.2510 sowie betreffend die weiteren Notfall-Inkonvenienzpauschalen B bis E der Tarifstruktur TARMED Version 01.09, «dass die sofortige Behandlung medizinisch notwendig und/oder vom Patienten, Angehörigen oder Dritten als offensichtlich notwendig erachtet wird».103

Weiter wird vorausgesetzt, dass sich die ärztliche Fachperson «sofort, verzugslos» mit dem Patienten befasst bzw. diesen aufsucht. Eine spezifische Zeitspanne wird – im Gegensatz zur Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale – nicht festgelegt, infolgedessen diesbezüglich, gerade auch mit Blick auf das allgemeine Verständnis des Notfallbegriffs, davon ausgegangen werden darf, dass dieses Kriterium jeweils in Bezug zur regulären Alternative104 respektive zur anderen Ausnahmeregelung105 zu setzen ist.

In der Tarifstruktur TARMED Version 01.09 statuieren die tarifarischen Notfallkriterien nunmehr, dass diese Tarifposition grundsätzlich einen direkten und unmittelbaren Arzt-Patienten-Kontakt bedingt.106 Dieses Erfordernis ist u.a. in Bezug zu den neuen Tarifpositionen 00.2560 und 00.2580 zu setzen, die eine Notfall-Inkonvenienzpauschale bei telefonischer Konsultation vorsehen, in deren Rahmen gerade kei-ne direkte und unmittelbare Kontaktnahme vorausgesetzt wird.

Ferner sehen die tarifarischen Notfallkriterien vor, dass für die Verrechnung der Tarifposition der Zeitpunkt des ersten, direkten und unmittelbaren Arzt-Patienten-Kontakts107 massgebend ist. Sinn und Zweck dieser Voraussetzung erschliesst sich namentlich mit Blick auf die Unterscheidung der weiteren Tarifpositionen des entsprechenden Unterkapitels «00.08 Dringlichkeitszuschläge und Notfallzuschläge»:

  • «00.2510 Notfall-Inkonvenienzpauschale A, Mo-Fr 7–19, Sa 7–12»;
  • «00.2520 Notfall-Inkonvenienzpauschale B, Mo-So 19–22, Sa 12–19, So 7–19»;
  • «00.2540 Notfall-Inkonvenienzpauschale C, Mo-So 22–7».

Es handelt sich insoweit um ein formales Erfordernis zur Abgrenzung der sachlichen Anwendungsbereiche der entsprechenden Tarifpositionen.

c) Voraussetzungen auf der tarifstrukturellen Ebene «Tarifposition» Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale F

aa) Allgemeine Anforderungen gemäss Tarifposition 00.2505 Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale F

Die Tarifposition 00.2505 Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale F statuiert in der Tarifstruktur TARMED Version 01.08.01_BR auf der untersten tarifstrukturellen Hierarchiestufe – d.h. der Ebene der Tarifposition – zunächst in der Positionsbeschreibung, dass diese «bei dringlichen Konsultationen/Besuchen ausserhalb der regulären Sprechstundenzeiten, sowie Mo-Fr 19–22, Sa 12–19, sowie So 7–19»108 fakturiert werden kann. Im Rahmen der Medizinischen Interpretation werden sodann die nachstehenden Anforderungen vermerkt:

«Dringlichkeitskriterien (tarifarisch):

  • Medizinisch notwendig und/oder vom Patienten, Angehörigen oder Dritten als offensichtlich notwendig erachtet.
  • Der Facharzt befasst sich spätestens innerhalb von 2 Stunden mit dem Patienten bzw. sucht ihn auf.
  • Es wird ein direkter und unmittelbarer Arzt-Patienten-Kontakt vorausgesetzt. Ausnahme: Vergebliche Fahrt zum Ereignisort.
  • Besuche: zuhause, Altersheim, Ereignisort usw.
  • Gilt nicht für Leistungen, die im Spital erbracht werden.

Für die Entschädigung massgebend ist der Zeitpunkt des ersten, direkten und unmittelbaren Arzt – Patienten – Kontakts (Ausnahme: Bei einem dringlichen Besuch gilt die Startzeit). Darf nicht während einer regulären Sprechstunde (Abendsprechstunde, reguläre Sonntags-Sprechstunde) verrechnet werden.

Die Behandlung von nicht angemeldeten Patienten gilt nicht generell als dringlich und berechtigt nicht generell zur Verrechnung der Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale F.»

bb) Dringlichkeitsbegriff im engeren Sinne und tarifarische Dringlichkeitskriterien gemäss Tarifposition 00.2505

Die tarifarischen Dringlichkeitskriterien sind weitgehend deckungsgleich mit jenen der zuvor untersuchten Tarifposition 00.2510. Entsprechend lässt sich an dieser Stelle zusammenfassend festhalten, dass

  • der Dringlichkeitsbegriff zunächst dahingehend negativ abzugrenzen ist, dass die Behandlung von nicht angemeldeten Patienten nicht generell als dringlich gilt;
  • die Umschreibung des Dringlichkeitsbegriffs nicht danach differenziert, worauf die dringlich behandlungsbedürftige Gesundheitsbeeinträchtigung zurückzuführen ist;
  • eine Untersuchung oder Behandlung sowohl infolge einer Einschätzung nach medizinischen Gesichtspunkten (objektive Einschätzung) als auch der Einordnung medizinischer Laien (subjektive Einschätzung) den Anwendungsbereich des Dringlichkeitsbegriffs eröffnet.

Der tarifarische Dringlichkeitsbegriff ist primär im Kontext der Anforderungen an die Zeitspanne – d.h. zwei Stunden –, innerhalb derer sich der Facharzt spätestens mit dem Patienten zu befassen bzw. diesen aufzusuchen hat, auszulegen. Infolgedessen kann es sich nicht um einen Notfall, der eine unverzügliche Befassung bedingt, allerdings auch nicht um eine regelhafte Konsultation handeln. Die dringliche Konsultation betrifft somit nicht Aspekte, die im Rahmen eines regulär vereinbarten Kontrolltermins adressiert werden können.

cc) Voraussetzungen für die Fakturierung der Tarifposition 00.2510 gemäss den tarifarischen Dringlichkeitskriterien

Im Rahmen der aktuellen Auslegungskontroverse ist betreffend die Tarifposition 00.2510 in erster Linie deren sachlicher Anwendungsbereich umstritten. Im Fokus steht dabei der Regelungsgehalt des tarifarischen Dringlichkeitskriteriums, wonach diese Tarifposition «nicht während einer regulären Sprechstunde (Abendsprechstunde, reguläre Sonntags-Sprechstunde) verrechnet werden [darf]».

Der Begriff der «regulären Sprechstunde» bildet insoweit ein tarifarisches Ausschlusskriterium. Dieses wird allerdings nicht erst im Rahmen des entsprechenden Passus in der Medizinischen Interpretation eingeführt, sondern bereits in der Titelebene bei der Beschreibung der Tarifposition. Die Positionsbeschreibung impliziert dabei im Wege einer formalen Gegenüberstellung mit dem Anknüpfungsmerkmal der «dringlichen Konsultationen/Besuche[n]» folgende unterschiedlichen Anwendungsbereiche:

  • «ausserhalb der regulären Sprechstundenzeiten; sowie
  • Mo-Fr 19–22, Sa 12–19;109 sowie
  • So 7–19».

Ausgehend vom Wortlaut lässt diese Gegenüberstellung namentlich infolge der verwendeten Konjunktion «sowie» den Schluss zu, dass es sich in Bezug auf die aufgezählten tarifarischen Anwendungsbereiche grundsätzlich um alternativ geltende Zeitfenster handelt. Diese beinhalten mit dem Ausschlusskriterium «ausserhalb der regulären Sprechstunde» ein individuell-konkretisierbares und damit subjektives Gestaltungselement,110 das den vorgegebenen allgemeinen tarifarischen Dringlichkeits-Zeitfenstern gegenübersteht, die infolge der generell-abstrakten Ausgestaltung einen objektiven Charakter aufweisen.

Das individuell-konkretisierbare Ausschlusskriterium ermöglicht dabei eine Abbildung der unterschiedlichen Ausgestaltung der Sprechstundenzeiten in der Praxis in Bezug auf die Zeitspanne, die ausserhalb der ausdrücklich genannten, generell-abstrakten tarifarischen Dringlichkeits-Zeitfenster liegt. Beispiele:111

  • Hausarzt A sieht in der Grossstadt an fünf Tagen die Woche von 13.00 bis 16.00 Uhr Patientinnen und Patienten im Rahmen seiner regulären Sprechstunde;
  • Landärztin B unterhält in Gemeinde X am Montag von 14.00 bis 16.00 Uhr, in Gemeinde Y am Dienstag von 15.00 bis 17.00 Uhr und in Gemeinde Z am Freitag von 13.00 bis 16.00 Uhr ihre reguläre Sprechstunde;
  • Gemeinschaftspraxis C empfängt im Vorort an fünf Tagen die Woche von 7.30 bis 18.30 Uhr Patientinnen und Patienten auf Voranmeldung im Rahmen einer regulären Sprechstunde.

Ausgehend von einem strikt formellen Verständnis der regulären Sprechstunde als tarifarisches Ausschlusskriterium könnte der Hausarzt A die Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale zum einen infolge der individuell gestalteten Dringlichkeits-Zeitfenster

  • an fünf Tagen in der Woche von 7.00 bis 13.00 Uhr und von 16.00 bis 19.00 Uhr sowie
  • zum anderen im Rahmen der generell-abstrakten tarifarischen Dringlichkeits-Zeitfenster, d.h. Montag bis Freitag 19.00 bis 22.00 Uhr, Samstag 12.00 bis 19.00 Uhr112 sowie
  • Sonntag 7.00 bis 19.00 Uhr, fakturieren,

sofern im Einzelfall auch die zusätzlichen tarifarischen Dringlichkeitskriterien erfüllt sind.

Demgegenüber limitierte die individuell erweitert festgelegte reguläre Sprechstunde der Gemeinschaftspraxis C die Fakturierung der Tarifposition 00.2510 ausserhalb der generell-abstrakten tarifarischen Dringlichkeits-Zeitfenster auf eine Stunde pro Tag. Diese Beispiele veranschaulichen, dass sich eine strikt formale Lesart, die eine einseitige und insoweit willkürlich anmutende Festlegung von tarifarischen Dringlichkeits-Zeitfenstern zulassen würde, aus Sachgerechtigkeitserwägungen verbietet.

Erste Anhaltspunkte für eine materielle Betrachtungsweise des Terminus der regulären Sprechstunde vermittelt die initiale, historische Einordnung der FMH-Tarifverhandlungsdelegation. Gemäss dieser honoriert die Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale F «alle Ärztinnen und Ärzte, die bereit sind, in dringenden Fällen ausserhalb der regulären Sprechstunde – also innerhalb von 2 Stunden – Patienten zu behandeln»113.

Im Sinne einer materiellen Begriffsannäherung wäre vor diesem Hintergrund nicht von regulären Sprechstunden auszugehen, wenn

  • für eine Konsultation im Voraus kein Sprechstundentermin mit der üblichen Vorlaufzeit vereinbart wurde bzw. werden kann;
  • die Wartezeiten je nach Patientenaufkommen bzw. Behandlungsdringlichkeit variieren; und
  • die konkrete Behandlung nicht durch eine im Voraus bekannte Ärztin bzw. Arzt, sondern durch jene ärztliche Fachperson erfolgt, die über freie Kapazität verfügt.114

Aus den gleichen Überlegungen ist das tarifarische Ausschlusskriterium der regulären Sprechstunde nicht pauschal mit formalen Öffnungszeiten gleichzusetzen, sondern vielmehr dahingehend auszule-gen, dass eine Konsultation in Abweichung einer regelhaften Terminvereinbarung mit der üblichen Vorlaufzeit115 aus Dringlichkeitserwägungen am gleichen Tag und dies innerhalb von zwei Stunden erfolgt.

Für diese Einordnung lassen sich auch strukturelle Erwägungen auf der Ebene der Notfallversorgung anführen: Andernfalls würde in Bezug auf Praxis-Öffnungszeiten, die aufgrund der Beteiligung am kantonalen ärztlichen Notfalldienst standardmässig erweitert sind, stets ein genereller Fakturierungsausschluss zur Anwendung gelangen, obschon die erweiterten «Standard-Öffnungszeiten» in die generell-abstrakten tarifarischen Dringlichkeits-Zeitfenster fallen. Die Abkehr von einer formellen Betrachtungsweise überzeugt sodann nicht zuletzt aus versorgungsorientierten Erwägungen mit Blick auf die zentrale Funktion, die Permanencen und ambulante Notfallpraxen gemäss dem «Leitbild der FMH zur Medizinischen Notfallversorgung in der Schweiz» im Bereich der ambulanten notfallmedizinischen Grundversorgung einnehmen sollen.116

Ein entsprechender genereller Fakturierungsausschluss liesse sich gerade in diesem Anwendungskontext nicht mit Sinn und Zweck dieser Tarifposition in Einklang bringen, zumal diese nach Auffassung der FMH-Tarifverhandlungsdelegation Ausdruck der Anerkennung einer ärztlichen Sonderleistung sei, die zu grossen Kosteneinsparungen im Notfallbereich führe und v.a. dazu diene, unnötige Konsultationen auf Notfallstationen der Spitäler zu vermeiden, deren Abklärungen deutlich teurer seien, und letztlich auch ein Mittel sei, den Notfalldienst wieder attraktiver zu machen.117 Diese Einordnung aus der historisch-tarifpartnerschaftlichen Perspektive wird auch von der Genehmigungs- bzw. Festsetzungs- und Anpassungsbehörde im aktuellen Anwendungskontext geteilt.118

Der tarifarische Passus, wonach die Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale F nicht während einer regulären Sprechstunde (Abendsprechstunde, reguläre Sonntags-Sprechstunde) verrechnet werden darf, ist somit nicht formell bzw. im Sinne einer Gleichsetzung mit Öffnungszeiten zu lesen, sondern vielmehr materiell im Lichte der tarifarischen Dringlichkeitskriterien. Diese Tarifposition darf mithin nicht im Rahmen einer regulären – z.B. bereits eine Woche im Voraus, d.h. ohne subjektive oder objektive medizinische Dringlichkeit, sondern etwa aus patientenindividuellen Komforterwägungen – auf den Abend oder den Sonntag vereinbarten Konsultation fakturiert werden, obschon diese grundsätzlich in ein generell-abstraktes tarifarisches Dringlichkeits-Zeitfenster fallen würde, betreffend das gleichsam eine «tarifarische Dringlichkeitsvermutung» zur Anwendung gelangte.

In Bezug auf die Aufgliederung des sachlichen Anwendungsbereichs der Tarifposition 00.2505 in

  • ein individuell gestaltbares Dringlichkeits-Zeitfenster, das sich anhand des tarifarischen Ausschlusskriteriums der regulären Sprechstunde auf Leistungserbringerebene definiert; und
  • in die generell-abstrakten tarifarischen Dringlichkeits-Zeitfenster,

ist davon auszugehen, dass diese Ausgestaltung des sachlichen Anwendungsbereichs an einem von historischen Versorgungsstrukturen geprägten Verständnis anknüpft. Danach gilt analog einer gesetzlichen Vermutung die tarifarische Vermutung, dass es sich bei Patientinnen und Patienten, die eine Ärztin oder einen Arzt in den generell-abstrakten tarifarischen Dringlichkeits-Zeitfenstern aufsuchen oder kontaktieren, stets um dringliche Konsultationen handelt.119

Diese Betrachtungsweise ist im Lichte der materiellen Überlegungen dahingehend zu präzisieren, dass namentlich auch mit Blick auf den PIK-Entscheid zur Notfall-Inkonvenienzpauschale120 nicht ausschliesslich an die individuell gestalteten oder generell-abstrakten tarifarischen Dringlichkeits-Zeitfenster angeknüpft werden kann und ausgehend von diesen im Sinne eines Automatismus eine tarifarische Dringlichkeitsvermutung zur Anwendung gelangt. Die Fakturierungs- und Vergütungsfähigkeit beurteilt sich folglich auch betreffend diese Tarifposition in jedem Einzelfall stets nach Massgabe der tarifarischen Dringlichkeitskriterien gemäss Medizinischer Interpretation. Im Fokus stehen mithin medi-zinisch begründete Parameter und damit primär materielle Erwägungen.121

d) Ausblick – Abrechnungsmodalitäten gemäss TARDOC

Die Tarifpartner reichten im Jahr 2019 zur Ablösung des veralteten und nicht mehr sachgerechten Einzelleistungstarifs TARMED die von der gemeinsamen Tariforganisation entwickelte Tarifstruktur TARDOC beim Bundesrat ein.122 Die Genehmigung der Tarifstruktur TARDOC steht derzeit noch aus; die sechste, finale Version – Version 1.3.2 – wurde von der Delegiertenversammlung der FMH am 31. Oktober 2023 abgesegnet und dem Bundesrat am 1. Dezember 2023 zur Genehmigung eingereicht.123

Die zuvor dargestellten Grundsätze gelten prinzipiell auch unter dem Entwurf der Tarifstruktur TARDOC Version 1.3.2. Es erfolgt keine grundlegende Neukonzeption in tarifstruktureller Hinsicht, vielmehr implementiert die Tarifstruktur TARDOC das althergebrachte Konzept der Inkonvenienzpauschalen. Von Bedeutung ist allerdings, dass im Rahmen der Tarifstruktur TARDOC auf Kapitelebene (AA.30) in Bezug auf die Inkonvenienzpauschalen ausdrücklich festgehalten wird, dass diese für Leistungserbringer gemäss Art. 35 Abs. 2 lit. a KVG und ambulante Einrichtungen nach Art. 35 Abs. 2 lit. n KVG gleichermassen zur Anwendung gelangen. In Bezug auf die Notfall-Inkonvenienzpauschalen wird an der formellen Aufgliederung anhand unterschiedlicher Zeitfenster und jeweils massgeblichen Notfallkriterien festgehalten. Neu werden allerdings zwei ausdrücklich für telemedizinische Konsultationen gedachte Tarifpositionen mit entsprechenden Zuschlagspositionen geschaffen.124

Betreffend die Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale erfolgt sodann eine Aufgliederung in zwei Tarifpositionen, die inskünftig lediglich an die tarifarisch vorgegebenen Zeitfenster anknüpfen und den missverständlichen Terminus der «regulären Sprechstundenzeiten» aufgeben.

Schliesslich beinhaltet die Medizinische Interpretation des tarifarischen Dringlichkeitsbegriffs – der betreffend beide Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschalen nach Tarifstruktur TARDOC gleichlautend ist – ebenfalls eine Verdeutlichung:

«Gilt für Konsultationen, die wegen Dringlichkeit für denselben Tag verlangt und durchgeführt wurden. [Ausnahme: Nicht notfallmässige Konsultationen, welche am Sonntag durchgeführt werden müssen; diese gelten in jedem Fall als dringlich (z.B. Infusions-Serie oder täglicher Verbandwechsel).]»

Die Tarifstruktur TARDOC statuiert folglich eine tarifarische Dringlichkeitsvermutung in Bezug auf Konsultationen, die ausgehend von medizinischen Erwägungen bereits im Vorfeld regulär auf einen Sonntag terminiert werden, und markiert damit eine grundlegende Abkehr von dem Ausschlusskriterium der «regulären Sprechstundenzeiten» gemäss Tarifstruktur TARMED.

III. Fazit

Die Tarifstruktur TARMED statuiert in Bezug auf die im Rahmen des vorliegenden Beitrags untersuchten Tarifpositionen ein äusserst komplexes Anforderungsprofil, dessen Auslegung ein technisches Verständnis des Zusammenwirkens der einzelnen Tarifparameter sowie eine Auseinandersetzung mit den vielgestaltigen Perspektiven der in die Ausarbeitung und Anpassung der Tarifstruktur involvierten Akteure bedingt.

Bezugspunkt der beleuchteten tarifarischen Auslegungskontroverse bilden die Voraussetzungen, unter denen Notfall- und Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschalen durch ambulante ärztliche Einrichtungen im Sinne von Art. 35 Abs. 2 lit. n KVG verrechnet werden dürfen. Im Rahmen der Auseinandersetzung mit den Rahmenbedingungen der Tarifauslegung konnten die Parameter aufgezeigt werden, anhand derer sich Auslegungskontroversen im Allgemeinen sowie die konträren Standpunkte in der aktuellen Auslegungsdebatte im Besonderen überwinden lassen.

In der Tarifstruktur TARMED gelangen dabei unterschiedliche Auslegungsmechanismen zur Anwendung:

  • Die Tarifstruktur TARMED enthält auf einer ersten Stufe selbst spezifische Auslegungsregeln, und auf einer nächsten Stufe legt der Rahmenvertrag TARMED KVG fest, wie die Tarifstruktur TARMED im Falle von Unklarheiten zu interpretieren ist.
  • Im Rahmen der Tarifauslegung gelangen sodann die Auslegungsgrundsätze betreffend öffentlich-rechtliche Verträge im Allgemeinen sowie die tarifvertragsspezifischen Auslegungselemente – d.h. gesetzeskonforme Auslegung und Berücksichtigung der Perspektive der zuständigen Genehmigungs- oder Festsetzungsbehörde – zur Anwendung.
  • Mit Blick auf die Einordnung der Tarifstruktur TARMED als generell-abstrakter Regelung sui generis sind sodann auch die allgemeinen Grundsätze der Normauslegung zumindest mutatis mutandis zu berücksichtigen. In diesem Kontext nimmt die gesetzeskonforme Auslegung der Tarifstruktur TARMED namentlich im Lichte der eingangs skizzierten Tarifgestaltungsgrundsätze gemäss KVG eine besondere Stellung ein.

Aufgrund der tarifstrukturvertraglichen Regelung kommt der PIK die alleinige und umfassende Zuständigkeit zu, die Tarifstruktur TARMED gesamtschweizerisch einheitlich und verbindlich zu interpretieren. Die Tarifinterpretationen der PIK sind auch im Rahmen von Verfahren an den kantonalen Schiedsgerichten in Sozialversicherungsstreitigkeiten verbindlich.

In Bezug auf die untersuchten Tarifpositionen lässt sich unter Berücksichtigung der verschiedenen Auslegungselemente – namentlich ausgehend von der einschlägigen Tarifinterpretation der PIK – zusammenfassend festhalten, dass sich deren Fakturierungs- und Vergütungsfähigkeit nicht anhand einer isolierten Anknüpfung an formelle Gesichtspunkte – wie etwa Organisationsform, Öffnungszeiten oder Zeitpunkt der Konsultation – beurteilen kann. Im Fokus stehen vielmehr materielle Erwägungen. Infolgedessen bestimmt sich die Anwendbarkeit einer Tarifposition in jedem Einzelfall stets nach Massgabe von Sinn und Zweck der tarifarischen Notfall- und Dringlichkeitskriterien gemäss Medizinischer Interpretation. Ausgehend von den allgemeinen Anknüpfungsmerkmalen – wie etwa den generell-abstrakten tarifarischen Notfall- und Dringlichkeits-Zeitfenstern und der Abgrenzung des persönlichen Anwendungsbereichs – sind über die im Fokus stehenden materiellen, medizinisch begründeten Notfall- und Dringlichkeitskriterien hinaus keine weiteren Anforderungen ersichtlich. Insbesondere bedarf es aus tarifarischer Perspektive weder einer spezifischen Organisationsform noch des Nachweises einer Inkonvenienz.

  1. 1 Hergeleitet aus tarif médical.
  2. 2 Gebhard Eugster, in: Eugster/Brühwiler/Duc/Frésard/Kahil-Wolff (Hrsg.), Soziale Sicherheit/Sécurité sociale, Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht (SBVR), Bd. 14, 3. Aufl., Basel 2015, Rz. 1009.
  3. 3 Betreffend die Vergütung von Notfällen und dringlichen Behandlungen im ambulanten ärztlichen Versorgungskontext sieht die Tarifsystematik TARMED in der Version 01.08.01_BR folgende Tarifpositionen vor: 00.2510 / 00.2520 / 00.2540 / 00.2530 / 00.2550 / 00.2505. Zusätzlich wurden in der Tarifsystematik TARMED Version 01.09 noch die folgenden Tarifpositionen betreffend Notfall-Inkonvenienzpauschalen bei telefonischer Konsultation eingeführt: 00.2560 / 00.2570 / 00.2580 / 00.2590. Im Hinblick darauf, dass beide Versionen zum einen derzeit noch zur Anwendung gelangen und zum anderen im Rahmen der vorliegend untersuchten Auslegungskontroverse Gegenstand gerichtlicher Beurteilung bilden, wird im Folgenden in erster Linie auf die Tarifsystematik TARMED in der Version 01.08.01_BR abgestellt. Für die vorliegende Untersuchung relevante Änderungen, die erst in der Version 01.09 implementiert wurden, werden jeweils an den massgeblichen Stellen beleuchtet.
  4. 4 Bundesgesetz über die Krankenversicherung vom 18.3.1994 (KVG; SR 832.10).
  5. 5 Die divergierenden Standpunkte lassen sich u.a. auch der medialen Berichterstattung entnehmen, vgl. statt vieler: Medinside vom 11.4.2023 «Versicherer werfen Luzerner Ärzten illegales Verhalten vor», einsehbar unter: < https://www.medinside.ch/versicherer-werfen-luzerner-arzten-illegales-verhalten-vor-20230411 >; zuletzt besucht am 26.3.2024; vgl. zu diesem Fall auch Andreas Christen/Kilian Ritler, Der medizinische Notfall: Eine Auslegung aus tarifarischer Sicht, HAVE 4/2023, S. 344 ff.; Medinside vom 9.10.2024 «City Notfall hat 1,4 Millionen Franken zu viel abgerechnet», einsehbar unter: < https://www.medinside.ch/city-notfall-hat-1,4-millionen-franken-zu-viel-abgerechnet-20231009 >; zuletzt besucht am 26.3.2024.
  6. 6 Urteil 200 22 67 SCHG des Schiedsgerichts in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Bern vom 6.9.2023 und Urteil 200 22 433 SCHG des Schiedsgerichts in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Bern vom 8.9.2023.
  7. 7 Urteil des Schiedsgerichts in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich SR.2021.00006 vom 4.12.2023.
  8. 8 23.4439 Interpellation «Rechtsunsicherheit gefährdet Versorgung zu Randzeiten in der Grundversorgung», eingereicht von Flavia Wasserfallen am 21.12.2023, einsehbar unter: < https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20234439 >; zuletzt besucht am 26.3.2024.
  9. 9 BGer 9F_3/2013 vom 23.4.2013, E. 2 m.H. auf BGer 9C_252/2011 vom 14.7.2011, E. 3 ff.
  10. 10 Eugster, Fn. 2, Rz. 963.
  11. 11 Eugster, Fn. 2, Rz. 965, m.w.H.; Thomas Eichenberger/Claudio Helmle, in: BSK-KVG/KVAG, Art. 43 KVG N 2, m.w.H.
  12. 12 Eichenberger/Helmle, Fn. 11, Art. 43 KVG N 5, m.H. auf Beatrice Gross Hawk, in: Steiger-Sackmann/Mosimann (Hrsg.), Recht der Sozialen Sicherheit – Sozialversicherungen, Opferhilfe, Sozialhilfe – Beraten und Prozessieren, Handbücher für die Anwaltspraxis, Bd. XI, Basel 2014, Rz. 34.18.
  13. 13 Eugster, Fn. 2, Rz. 1031. Mit Blick auf den Vertragsprimat soll ein behördlicher Eingriff lediglich subsidiär erfolgen, mithin wenn sich die Tarifpartner nicht auf einen gesetzeskonformen Tarif einigen können (Eichenberger/Helmle, Fn. 11, Art. 43 KVG N 14).
  14. 14 Gross Hawk, Fn. 12, Rz. 34.21; Eugster, Fn. 2, Rz. 1032, m.w.H. u.a. auf BGer 9C_524/2013 vom 21.1.2014, E. 4, und BGE 126 V 344, E. 4a.
  15. 15 Eichenberger/Helmle, Fn. 11, Art. 43 KVG N 13, m.H. auf Eugster, Fn. 2, Rz. 1031.
  16. 16 Eugster, Fn. 2, Rz. 1032.
  17. 17 Eugster, Fn. 2, Rz. 997, m.w.H. u.a. auf Urs Saxer/Willy Oggier, in: fgr – Forum Gesundheitsrecht (Hrsg.), Recht und Ökonomie der KVG-Tarifgestaltung, Bd. 17, Zürich 2010, S. 26 f.; vgl. dazu auch Art. 117a Abs. 2 lit. b BV.
  18. 18 Eugster, Fn. 2, Rz. 997.
  19. 19 Eugster, Fn. 2, Rz. 997.
  20. 20 Thomas Gächter/Bernhard Rütsche, Gesundheitsrecht, 5. Aufl., Basel 2023, N 1137; vgl. Daniel Staffelbach/Yves Endrass, in: fgr – Forum Gesundheitsrecht (Hrsg.), Der Ermessensspielraum der Behörden im Rahmen des Tariffestsetzungsverfahrens nach Art. 47 in Verbindung mit Art. 53 KVG unter besonderer Berücksichtigung des kantonalen Rechts des Kantons Thurgau, Bd. 14, Zürich 2006, Rz. 79.
  21. 21 Eugster, Fn. 2, Rz. 974; Gächter/Rütsche, Fn. 20, N 1137.
  22. 22 Eugster, Fn. 2, Rz. 1003 ff., m.w.H.; Eichenberger/Helmle, Fn. 11, Art. 43 KVG N 3; Kaspar Gerber, OKP-Tarif für notärztliche Leistungen, Krankentransporte und Rettungen, Pflegerecht 2/2020, S. 97 ff., S. 101, m.w.H.; BGer 9C_252/2011 vom 14.7.2011, E. 3.2.
  23. 23 Vgl. Eugster, Fn. 2, Rz. 1061 ff., m.w.H.
  24. 24 Diese Tarifverträge werden regelmässig als Tarif im engeren Sinne bezeichnet und auf kantonaler Ebene im Wege von genehmigungsbedürftigen Tarifverträgen oder gemäss Art. 47 Abs. 1 KVG mittels hoheitlicher Festsetzung durch die Kantonsregierungen festgelegt (Gerber, Fn. 22, S. 100, m.w.H. u.a. auf BVGer C-4168/2014 vom 23.10.2014, E. 2.3; vgl. Gächter/Rütsche, Fn. 20, N 1141 f.).
  25. 25 Dario Picecchi, Das Wirtschaftlichkeitsgebot im Krankenversicherungsrecht, Diss. Luzern 2021, Zürich/St. Gallen 2022, Rz. 190.
  26. 26 Eichenberger/Helmle, Fn. 11, Art. 43 KVG N 9, N 11 und N 28; Eugster, Fn. 2, Rz. 1006; Gächter/Rütsche, Fn. 20, N 1144; Bienlein Selina, in: H+ Die Spitäler der Schweiz (Hrsg.), Erstes Rechtsgutachten – Erstellung und Revision einer nationalen Tarifstruktur im KVG, Erstellung und Revision ambulanter nationaler Tarifstrukturen im KVG, Juristische und praktische Perspektiven und die Revision des Tarifrechts, Zürich/Basel/Genf 2017, S. 19 ff., S. 21, m.w.H.; s. Bundesamt für Gesundheit (BAG), Änderung der Verordnung über die Festlegung und die Anpassung von Tarifstrukturen in der Krankenversicherung per 1.1.2018, Inhalt der Änderungen und Kommentar, vom Oktober 2017, S. 3, einsehbar unter: < https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/versicherungen/krankenversicherung/krankenversicherung-leistungen-tarife/Aerztliche-Leistungen-in-der-Krankenversicherung/Tarifsystem-Tarmed.html >; zuletzt besucht am 26.3.2024.
  27. 27 Eugster, Fn. 2, Rz. 1002. Die Tarifpartner haben die Tarifstruktur TARMED im Rahmenvertrag zwischen santésuisse und H+ vom 17.5.2002 und im Rahmenvertrag zwischen santésuisse und FMH vom 20.6.2002 vereinbart. Auf Antrag der Tarifpartner hat der Bundesrat am 30.9.2002 die Rahmenverträge inklusive der Tarifstruktur TARMED genehmigt und als gesamtschweizerisch einheitliche Einzelleistungstarifstruktur für ambulante ärztliche Leistungen festgelegt (s. BAG, Fn. 26, S. 3).
  28. 28 Bienlein, Fn. 26, S. 21, m.w.H.; Eugster, Fn. 2, Rz. 1068 ff., m.w.H.; Gerber, Fn. 22, S. 100 f., m.w.H. Es ist dabei grundsätzlich zulässig, verschiedene Taxpunktwerte für einzelne Leistungserbringerbereiche bzw. Leistungserbringer in einem Kanton festzusetzen, sofern dies nicht zur Folge hat, dass unterschiedliche Taxpunktwerte für einzelne Fachbereiche geschaffen werden (Eugster, Fn. 2, Rz. 1070 f., m.w.H.).
  29. 29 Zu den Anschlussverträgen im Kanton Zürich vgl. Gerber, Fn. 22, S. 102, m.w.H.
  30. 30 Eichenberger/Helmle, Fn. 11, Art. 43 KVG N 16 und N 30, m.w.H. u.a. auf BVGer C-4168/2014 vom 23.10.2014, E. 2.7; Bienlein, Fn. 26, S. 20, m.w.H.; Eugster, Fn. 2, Rz. 1035 und Rz. 1061 ff., m.w.H.
  31. 31 Eichenberger/Helmle, Fn. 11, Art. 43 KVG N 30, m.w.H. u.a. auf BVGer C-4168/2014 vom 23.10.2014, E. 2.7; BGE 134 V 443 E. 3.3.
  32. 32 Lehre und Rechtsprechung anerkennen folgende Auslegungselemente: grammatikalische, systematische, historische und teleologische Auslegung. Der wahre Sinn und Gehalt einer Rechtsnorm ergibt sich aus einer Abwägung der verschiedenen Auslegungsmethoden im Sinne eines Methodenpluralismus; vgl. zum Ganzen etwa BGE 137 II 399 E. 1.1; BGE 132 V 303 E. 4.4.2; BGE 128 III 250 E. 2.a.; BGE 126 III 431 E. 2c.; BGE 120 II 412 E. 1b; BGE 109 Ib 146 E. 1b; vgl. auch Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl., Zürich/St.Gallen 2020, S. 41 ff.; Pierre Tschannen/Markus Müller/Markus Kern, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Aufl., Bern 2022, S. 221 ff. In Bezug auf die Auslegungsmethoden besteht keine Hierarchie, es gibt mithin nicht eine bestimmte Methode, die vorrangig ist oder gar ausschliesslich Anwendung findet; vgl. BGE 131 II 217 E. 2.3; BGE 129 I 402; Ulrich Häfelin/Walter Haller/Helen Keller/Daniela Thurnherr, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 10. Aufl., Zürich 2020, S. 30 ff. Ferner können die verschiedenen Auslegungsmethoden nicht strikt voneinander getrennt werden. Die Grenzen sind mithin nicht starr, und die Methoden können ineinanderfliessen, wobei der Gewichtung der verschiedenen Auslegungselemente im Einzelfall ein Wertungsmoment inhärent ist, in dessen Rahmen die Rücksichtnahme auf ein vernünftiges und praktikables Resultat zunehmend als ein Element der Auslegung anerkannt wird (s. Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr, a.a.O., S. 24 ff. und S. 32).
  33. 33 Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht) vom 30.3.1911 (OR; SR 220).
  34. 34 Empirische oder subjektive Vertragsauslegung.
  35. 35 BGE 132 III 626, E. 3.1; BGE 129 III 675, E. 2.3.
  36. 36 Normative oder objektive Vertragsauslegung, vgl. BGE 137 III 145, E. 3.2.1; BGE 136 III 186, E. 3.2.1; BGE 135 V 237, E. 3.6; BGE 133 III 406, E. 2.2; BGE 121 II 81, E. 4a.
  37. 37 BGE 137 III 444, E. 4.2.4; BGE 136 III 186, E. 3.2.1; BGE 135 III 295, E. 5.2; BGE 133 III 406, E. 2.2; BGE 131 III 606, E. 4.2.
  38. 38 BGE 133 III 607, E. 2.2.
  39. 39 Eugster, Fn. 2, Rz. 1037, m.w.H.; BGE 135 V 237, E. 3.6; BGE 122 I 328, E. 4e; BGE 121 II 81, E. 4a; BGer 2C_258/2011 vom 30.8.2012, E. 4.1.
  40. 40 BGE 135 V 237, E. 3.6; BGE 122 I 328, E. 4e; BGE 121 II 81, E. 4a; BGer 2C_258/2011 vom 30.8.2012, E. 4.1; August Mächler, Vertrag und Verwaltungsrechtspflege – ausgewählte Fragen zum vertraglichen Handeln der Verwaltung und zum Einsatz des Vertrages in der Verwaltungsrechtspflege, Habil., Zürich 2005, S. 124 und S. 309, m.w.H.
  41. 41 Zum Dignitätskonzept als Einschränkung der verfassungsrechtlich garantierten Berufsausübungsfreiheit Eugster, Fn. 2, Rz. 1014.
  42. 42 BGE 122 I 328 E. 4e; BGE 103 Ia 505 E. 2b.
  43. 43 Urteil des EVG K 158/05 vom 5.9.2006, E. 5.1, RKUV 2006, S. 360; BGE 110 V 187, E. 3a und E. 4.
  44. 44 Eugster, Fn. 2, Rz. 1037, m.w.H. u.a. auf BGE 139 V 82, E. 3.1.2, und BGE 135 V 237, E. 3.6.
  45. 45 Urteil des EVG K 158/05 vom 5.9.2006, E. 5.1, RKUV 2006, S. 360, m.H. auf BGE 132 V 18, E. 5.3.
  46. 46 Urteil des EVG K 158/05 vom 5.9.2006, E. 5.1, RKUV 2006, S. 360; BGE 110 V 187, E. 4.
  47. 47 In GI-1 wird im Sinne eines allgemeinen Grundsatzes statuiert, dass alle erbrachten Leistungen wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein müssen.
  48. 48 In der Tarifstruktur TARMED Version 01.08.01_BR sieht die GI-51 noch explizit vor, dass im Falle von Widersprüchen innerhalb der gleichen Ebene die zuständige Kommission von TARMED Suisse über die Vorrangigkeit entscheidet.
  49. 49 BGer 9C_524/2013 vom 21.1.2014, E. 7; BGer 9C_252/2011 vom 14.7.2011, E. 4.1 und E. 4.4 f.; BGer 9C_251/2011 vom 16.8.2011, E. 4.
  50. 50 Zur Zusammensetzung vgl. Art. 4 Vereinbarung PIK; vgl. auch Christen/Ritler, Fn. 5, S. 344 ff., S. 346.
  51. 51 Vgl. die entsprechenden Ausführungen von curafutura, einsehbar unter: < https://curafutura.ch/arzttarifstruk tur/ >; zuletzt besucht am 26.3.2024; vgl. den Vertrag zwischen curafutura, FMH, H+, MTK und santésuisse betreffend die Kommissionsarbeiten der PIK und PaKoDig vom 11.2./12.3./18.3./29.3.2019 (Vertrag PIK/PaKoDig 2019), einsehbar unter: < https://www.mtk-ctm.ch/fileadmin/user_upload/tarife/TARMED/01_deutsch/Vertraege_FMH-MTK/Vertrag_Weiterfuehrung_PIK_PaKoDig_FMH_H__cufu_IV_MTK_MV_santesuisse_Def_unterzeichnet_190101.pdf >; zuletzt besucht am 26.3.2024.
  52. 52 Vgl. Christen/Ritler, Fn. 5, S. 344 ff., S. 346. Das weitere Verfahren richtet sich anschliessend nach der jeweiligen bilateralen Vereinbarung über die PVK TARMED (Art. 8 Satz 2 Vereinbarung PIK).
  53. 53 Vgl. auch Ziff. 7 Vertrag PIK/PaKoDig 2019, wonach die Parteien einstimmig beschliessen können, dass Entscheide der PIK publiziert werden. Diese PIK-Entscheide werden auf den Websites der Parteien veröffentlicht.
  54. 54 Liste der PIK-Entscheide Version 2.01, datierend vom 29.3.2023, einsehbar unter: < https://www.fmh.ch/files/pdf29/pik-entscheide-version-2.01_d.pdf >; zuletzt besucht am 26.3.2024.
  55. 55 Publikation der PIK-Beschlüsse, SaeZ 2004, S. 384 ff., S. 385: Entscheid vom 16.9.2003, Notfall-Inkonvenienz-Pauschale durch ambulante Institutionen.
  56. 56 Vgl. die Ausführungen in Abschnitt II.2.a), S. 10.
  57. 57 Vgl. die Ausführungen in Abschnitt I.1. D.h. namentlich die betriebswirtschaftliche Bemessung und Sachgerechtigkeit sowie die Gewährleistung einer qualitativ hochstehenden und zweckmässigen gesundheitlichen Versorgung (Eichenberger/Helmle, Fn. 11, Art. 43 KVG N 19 ff., m.w.H. u.a. auf Staffelbach/Endrass, Fn. 20, Rz. 79; Eugster, Fn. 2, Rz. 974 und Rz. 997).
  58. 58 Art. 16 Abs. 1 Rahmenvertrag TARMED KVG bzw. Ziff. 3 Vertrag PIK/PaKoDig 2019 i.V.m. Ziff. 2 f. Vereinbarung PIK (Anhang 1).
  59. 59 Zur Tarifautonomie vgl. Gross Hawk, Fn. 12, Rz. 34.21; Eichenberger/Helmle, Fn. 11, Art. 43 KVG N 13, m.H. auf Eugster, Fn. 2, Rz. 1031.
  60. 60 Vgl. demgegenüber die auf der Privatautonomie basierende private Schiedsgerichtsbarkeit (Tarkan Göksu, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, St.Gallen 2023, S. 1).
  61. 61 Sandra De Vito Bieri/Myriam Dannacher, in: BSK-KVG/KVAG, Art. 89 KVG N 8 und N 11; Gebhard Eugster, in: Murer/Stauffer (Hrsg.), Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG), RBS – Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, 2. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2018, Art. 89 N 6 f, m.w.H. u.a. auf BGE 135 V 443, E. 1.2.
  62. 62 BGer 9C_524/2013 vom 21.1.2014, E. 7; BGer 9C_252/2011 vom 14.7.2011, E. 4.1 und E. 4.4 f.; BGer 9C_251/2011 vom 16.8.2011, E. 4.
  63. 63 Urteil 200 22 433 SCHG vom 8.9.2023, E. 6.
  64. 64 Urteil 200 22 67 SCHG vom 6.9.2023, E. 5 und E. 6.
  65. 65 Einrichtung im Sinne von Art. 35 Abs. 2 lit. n KVG mit Öffnungszeiten von Montag bis Freitag, 7.30 Uhr bis 17.30 Uhr, mit integrierter, separat geführter Notfallpraxis, die entsprechend erweiterte Öffnungszeiten von 7.00 Uhr bis 22.00 Uhr an 365 Tagen im Jahr aufweist (vgl. Urteil des Schiedsgerichts in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich SR.2021.00006 vom 4.12.2023, E. 3.2).
  66. 66 Urteil des Schiedsgerichts in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich SR.2021.00006 vom 4.12.2023, E. 3.3.
  67. 67 Gemäss Zürcher Schiedsgericht sei namentlich dann nicht von regulären Sprechstunden auszugehen, wenn für eine Konsultation kein Sprechstundentermin vereinbart werden könne, die Wartezeiten je nach Patientenaufkommen bzw. Behandlungsdringlichkeit variieren würden und die konkrete Behandlung nicht durch eine im Voraus bekannte Ärztin bzw. Arzt, sondern durch jene ärztliche Fachperson erfolge, die über freie Kapazität verfüge, was sich alles von einer regulären Sprechstunde im Rahmen einer normalen Arztkonsultation unterscheide (Urteil des Schiedsgerichts in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich SR.2021.00006 vom 4.12.2023, E. 3.4).
  68. 68 Urteil des Schiedsgerichts in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich SR.2021.00006 vom 4.12.2023, E. 3.6.
  69. 69 Urteil des Schiedsgerichts in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich SR.2021.00006 vom 4.12.2023, E. 3.5. Das Schiedsgericht des Kantons Zürich erwog in diesem Kontext ausdrücklich, dass es nicht ersichtlich sei, weshalb Hausärztinnen oder Hausärzte, die in der eigenen Praxis am Sonntag Patienten behandeln, bessergestellt werden sollen als Ärztinnen oder Ärzte, die Patientinnen und Patienten sonntags in den Räumlichkeiten einer Permanence behandeln (Urteil des Schiedsgerichts in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich SR.2021.00006 vom 4.12.2023, E. 3.5). Ferner hielt das Schiedsgericht im Sinne eines obiter dictum ausdrücklich fest, dass die Dringlichkeit der Behandlung neuer Patienten losgelöst von der Organisationsform eine Inkonvenienz darstellen könne, zumal sich die Wartezeit anderer Patienten bei gegebenenfalls vorgezogenen Behandlungen substanziell verlängern könne, was zu einem erhöhten Informationsaufwand im Wartebereich führe (Urteil des Schiedsgerichts in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich SR.2021.00006 vom 4.12.2023, E. 3.5).
  70. 70 Urteil des Schiedsgerichts in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich SR.2021.00006 vom 4.12.2023, E. 3.4, m.H. auf BAG, Fn. 26, S. 14.
  71. 71 Interpellation Wasserfallen, Fn. 8.
  72. 72 Stellungnahme des Bundesrats vom 21.2.2024 zum Vorstoss 23.4439 Interpellation «Rechtsunsicherheit gefährdet Versorgung zu Randzeiten in der Grundversorgung», eingereicht von Flavia Wasserfallen am 21.12.2023, einsehbar unter: < https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20234439 >; zuletzt besucht am 26.3.2024.
  73. 73 In der Tarifstruktur TARMED Version 01.09 wurde in materieller Hinsicht einzig der ausdrückliche Verweis auf die ambulanten Institutionen gestrichen.
  74. 74 Publikation der PIK-Beschlüsse, SaeZ 2004, S. 384 ff., S. 385.
  75. 75 In Bezug auf die Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale F (Tarifposition 00.2505): Mo–Fr 19–22, Sa 7–19 sowie So 7–19.
  76. 76 Vgl. Forum ZV zur Dringlichkeitspauschale, SaeZ 2007, S. 355 ff.
  77. 77 Permanencen, Medical Centers etc. mit standardmässig erweiterten Öffnungszeiten.
  78. 78 In der Tarifstruktur TARMED Version 01.09 wurden in materieller Hinsicht in Bezug auf Konsultationen mit direktem Arzt-Patienten-Kontakt spezifische Anforderungen an den Schweregrad der behandlungsbedürftigen gesundheitlichen Beeinträchtigung eingeführt: «Bei direktem Arzt–Patientenkontakt: Jeder Patient, bei dem sich unabhängig von der auslösenden Ursache eine Störung der vitalen Funktionen ausbildet, zu befürchten, respektive nicht auszuschliessen ist. Gilt auch für Patienten bei denen eine akute Erkrankung, ein Trauma oder eine Vergiftung eine Organschädigung hervorrufen oder zur Folge haben kann. Im Bereich der Psychiatrie ist von einem Notfall auszugehen bei Erregungszuständen, Selbst- und Fremdgefährdung, Bewusstseinsstörungen sowie kataton-stuporösen Zuständen.» Ohne direkten Arzt-Patienten-Kontakt bleibt es auch in der Tarifstruktur TARMED Version 01.09 bei den ursprünglichen Notfallkriterien, d.h. medizinisch notwendig und/oder vom Patienten, Angehörigen oder Dritten als offensichtlich notwendig erachtet. Ferner wurde in Bezug auf die Notfall-Inkonvenienzpauschalen B bis E gemäss Tarifstruktur TARMED Version 01.09 von der Einführung einer entsprechenden Verschärfung abgesehen.
  79. 79 BGE 146 V 152, E. 10.3, m.w.H. u.a. auf BGer 9C_566/2010 vom 25.2.2011, E. 4.2, und EVG K 24/04 vom 20.4.2005, E. 4.2.
  80. 80 BGE 146 V 152, E. 10.3, m.w.H. u.a. auf BGer 9C_202/2015 vom 26.6.2015, E. 3.2, und 9C_11/2007 vom 4.3.2008, E. 3.2.
  81. 81 Wie etwa eine Störung der vitalen Funktionen.
  82. 82 Z.B. Hospitalisierung.
  83. 83 Siehe die Darstellung der tarifarischen Notfallkriterien in Abschnitt II.2.b)aa).
  84. 84 Urteil 200 22 433 SCHG vom 8.9.2023, E. 6.1 betreffend den Standpunkt der Kläger (Krankenversicherer).
  85. 85 In Art. 35 Abs. 2 lit. n KVG ist betreffend die «Einrichtungen, die der ambulanten Krankenpflege durch Ärzte und Ärztinnen dienen» in der französischen Version von «les institutions de soins ambulatoires dispensés par des médecins» und in der italienischen Fassung von «gli istituti che dispensano cure ambulatoriali effettuate da medici» die Rede (Urteil 200 22 433 SCHG vom 8.9.2023, E. 6.2.1).
  86. 86 Der Umstand, dass in Bezug auf die deutsche Version keine übereinstimmende Wortwahl («Einrichtung» vs. «Institut») erfolgte, bleibt unerwähnt.
  87. 87 Zu denken ist an Gemeinschafts- bzw. Gruppenpraxen, Health Maintenance Organizations (HMO’s) oder Zentren der ambulanten Versorgung in der Gestalt von Permanencen und Medical Centers, bis hin zu Betrieben im spitalnahen Umfeld, wie etwa von Spitälern betriebene, externe, d.h. «spitalungebundene» ambulante Institute. Letztere sind von den «spitalgebundenen» internen Instituten – wie etwa Notfallstationen und Polikliniken – zu unterscheiden, die ebenfalls im ambulanten Leistungskontext tätig werden.
  88. 88 Gemäss höchstrichterlicher Rechtsprechung erfasst Art. 36a KVG nicht nur HMO-Praxen allein, sondern jeden Zusammenschluss mehrerer Ärzte zu einer juristischen Person, die sich der ambulanten ärztlichen Versorgung widmet (BGE 135 V 237).
  89. 89 Vgl. Tomas Poledna, Privatpatienten im ambulanten Bereich – der rechtliche Rahmen für eine Ausweitung der kassenpflichtigen Leistungen, hill 2012, Nr. 55, Rz. 26.
  90. 90 Vgl. Abschnitt II.2.a), S. 10.
  91. 91 Stellungnahme des Bundesrats, Fn. 72.
  92. 92 Die Vernehmlassungsvorlage ist abrufbar unter: < https://www.fedlex.admin.ch/filestore/fedlex.data.admin.ch/eli/dl/proj/6017/24/cons_1/doc_2/de/pdf-a/fedlex-data-admin-ch-eli-dl-proj-6017-24-cons_1-doc_2-de-pdf-a.pdf >; zuletzt besucht am 26.3.2024.
  93. 93 Faktenblatt des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) vom 18.10.2017 zu den Anpassungen des Ärztetarifs TARMED, S. 4, einsehbar unter: < https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/versicherungen/krankenversicherung/krankenversicherung-leistungen-tarife/Aerztliche-Leistungen-in-der-Krankenversicherung/Tarifsystem-Tarmed.html >; zuletzt besucht am 26.3.2024.
  94. 94 BAG, Faktenblatt, Fn. 93, S. 4.
  95. 95 Die FMH als Tarifpartnerin ging im Kontext des zweiten bundesrätlichen Tarifeingriffs denn auch ohne Weiteres davon aus, dass «die Notfall-Inkonvenienzpauschalen sowohl vom Arzt als auch von ambulanten Einrichtungen nach Artikel 36a KVG abgerechnet werden» können (Thomas Kessler/Patrick Müller, Zweiter bundesrätlicher Eingriff in den TARMED, SaeZ 2017, S. 1568 ff., S. 1570).
  96. 96 In Bezug auf diese Ausnahmeregelung statuiert die Tarifposition 00.2510 die folgenden zusätzlichen Anwendungsvoraussetzungen: «Bei Einsätzen im Spital oder Institut gilt: Der Facharzt begibt sich für den ungeplanten, notfallmässigen Einsatz von ausserhalb ins Spital oder Institut. Hiermit abgegolten ist auch die Wegentschädigung. Fachärzte, welche vom Spital oder Institut ganz oder teilweise fix besoldet sind, haben kein Anrecht auf Verrechnung dieser Tarifposition.»
  97. 97 Eugster, Fn. 2, Rz. 997.
  98. 98 Vgl. dazu Abschnitt I.3.b).
  99. 99 Siehe BAG, Fn. 26, S. 14.
  100. 100 Wenngleich sich der Regelung nicht ausdrücklich entnehmen lässt, was konkret medizinisch notwendig sein muss und es sich bei der Tarifposition um eine sogenannte Hauptleistung ohne Referenzleistungscharakter handelt (d.h. nicht um eine Zuschlagsleistung, die zwingend nur mit der jeweils zugeordneten Hauptleistung abgerechnet werden kann), ist doch mit Blick auf den Notfallbegriff zu folgern, dass hier eine unaufschiebbare Untersuchung oder Behandlung gemeint ist. Diese Annahme steht auch in Einklang mit den Ausführungen auf der Ebene Unterkapitel «00.08 Dringlichkeitszuschläge und Notfallzuschläge».
  101. 101 Gemäss BAG bedingt die tarifarische Konstellation des «direkten Arzt-Patientenkontakts», dass eine Anamnese mit oder in Anwesenheit der Patienten möglich ist (s. BAG, Fn. 26, S. 14).
  102. 102 In der Tarifstruktur TARMED Version 01.09 wird im Rahmen der ebenfalls neu eingeführten Unterscheidung mit/ohne direkten Arzt-Patienten-Kontakt in der Konstellation direkter Arzt-Patienten-Kontakt eine gewisse Schwere gefordert: «Jeder Patient, bei dem sich unabhängig von der auslösenden Ursache eine Störung der vitalen Funktionen ausbildet, zu befürchten, respektive nicht auszuschliessen ist. Gilt auch für Patienten bei denen eine akute Erkrankung, ein Trauma oder eine Vergiftung eine Organschädigung hervorrufen oder zur Folge haben kann. Im Bereich der Psychiatrie ist von einem Notfall auszugehen bei Erregungszuständen, Selbst- und Fremdgefährdung, Bewusstseinsstörungen sowie kataton-stuporösen Zuständen.» Gemäss BAG beurteilt sich die ärztliche Einschätzung betreffend den Schweregrad der gesundheitlichen Beeinträchtigung stets aus einer ex ante-Perspektive; d.h. einer Beurteilung vor der Behandlung (BAG, Fn. 26, S. 14).
  103. 103 Siehe BAG, Fn. 26, S. 14.
  104. 104 Im Kontext der unaufschiebbaren Auslandsbehandlung wäre dies die Rückreise in die Schweiz und betreffend die ausserkantonale Behandlung die Rückkehr in den Wohnkanton.
  105. 105 D.h. der Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale F, die eine Zeitspanne von zwei Stunden vorsieht.
  106. 106 Ausnahme: Vergebliche Fahrt zum Unfallort/Ereignisort.
  107. 107 Ausnahme: Bei Notfallbesuch gilt die Startzeit.
  108. 108 In der Tarifstruktur TARMED Version 01.09 wurde in materieller Hinsicht lediglich das Zeitfenster für die Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale F auf den Samstagvormittag 7–12 Uhr erweitert (BAG, Fn. 26, S. 14).
  109. 109 Gemäss Tarifstruktur TARMED Version 01.09 wurde das Zeitfenster für die Dringlichkeits-Inkonvenienzpauschale F auf den Samstagvormittag 7–12 Uhr erweitert.
  110. 110 Vgl. dazu auch die entsprechenden Ausführungen in: Replik: Definition der «regulären» Sprechstundenzeiten, abgebildet im Forum ZV, SaeZ 2007, S. 645.
  111. 111 Vgl. auch die Beispiele in der Anfrage an den Tarifdienst der FMH, abgebildet im Forum ZV, SaeZ 2007, S. 645.
  112. 112 S. Fn. 109.
  113. 113 Marie-Christine Peter-Gattlen, Dringlichkeitspauschale: ein Schritt in die richtige Richtung, SaeZ 2007, S. 79.
  114. 114 Urteil des Schiedsgerichts in Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich SR.2021.00006 vom 4.12.2023, E. 3.4.
  115. 115 Gerade in der Grundversorgung kann sich die übliche Vorlaufzeit für nicht dringliche Termine infolge der notorischen Überlastung teils auf mehrere Wochen erstrecken.
  116. 116 Namentlich aufgrund des zunehmenden Fachkräftemangels im Bereich der ambulanten notfallmedizinischen Grundversorgung sowie der Entwicklung der Bevölkerung hin zu einer vermehrt polymorbiden ressourcenintensiven Patientenstruktur wurde vom FMH-Forum Notfall im Jahr 2021 eine Reihe notwendiger Strukturreformen vorgeschlagen (FMH-Forum Notfall, Leitbild der FMH zur Medizinischen Notfallversorgung in der Schweiz, SaeZ 2021, S. 234 ff., S. 234). Der Betrieb von Ärzte-Netzwerken in Form von Permanencen/Notfallpraxen als zentrale Anlaufstellen für ambulante Notfallpatienten bildete dabei eine der zentralen Massnahmen (FMH-Forum Notfall, Leitbild der FMH zur Medizinischen Notfallversorgung in der Schweiz, SaeZ 2021, S. 234 ff., S. 235).
  117. 117 Peter-Gattlen, Fn. 113, S. 79.
  118. 118 Stellungnahme des Bundesrats, Fn. 72; BAG, Fn. 26, S. 14.
  119. 119 Vgl. Forum ZV zur Dringlichkeitspauschale, SaeZ 2007, S. 355 ff.
  120. 120 Publikation der PIK-Beschlüsse, SaeZ 2004, S. 384 ff., S. 385.
  121. 121 Ausgehend von diesem Auslegungsergebnis liesse sich der Begriff der regulären Sprechstunde z.B. wie folgt definieren: Arztkonsultation, die losgelöst von den allgemeinen Praxisöffnungszeiten im Rahmen einer regelhaften Terminvereinbarung mit der (branchen)üblichen Vorlaufzeit erfolgt und keine subjektive oder objektive medizinische Notfall- oder Dringlichkeitskomponente beinhaltet.
  122. 122 Vgl. dazu die Angaben der FMH, einsehbar unter: < https://www.fmh.ch/themen/ambulante-tarife/tardoc.cfm >; zuletzt besucht am 26.3.2024.
  123. 123 Zu den verschiedenen Etappen der Tarifstruktur TARDOC, vgl. das Faktenblatt des Bundesamts für Gesundheit (BAG) vom 3.6.2022, einsehbar unter: < https://www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/71838.pdf >; zuletzt besucht am 26.3.2024; s.a. die Ausführungen der FMH, einsehbar unter: < https://www.fmh.ch/dienstleistungen/ambulante-tarife/infoletter-ambulante-tarife/tarifrevision-zielgerade.cfm > (zuletzt besucht am 26.3.2024), und die Angaben in der Tarifstruktur TARDOC, einsehbar unter: < https://browser.tartools.ch/de/tardoc > (zuletzt besucht am 26.3.2024).
  124. 124 Tarifpositionen AA.30.0080 und AA.30.0100 gemäss Tarifstruktur TARDOC Version 1.3.2.
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